Mit neuer Kraft an alte Aufgaben
- Georg

- 2. Apr.
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 3. Apr.

Die Frischluftkur am Alpenrand war eine Frischlustkur für Brigitte. Rundrum erneuert, erfüllt mit Aufregung und Entspannung gleichermaßen, bringt sie für den Rest des Jahres wohl nix mehr aus der Fassung. Jetzt wird sie sich noch mit der Beihilfe, was für eine Wortschöpfung für eine ergänzende Krankenversicherung, rumstreiten, um die zusätzlichen Leistungen der Kurklinik abzurechnen. Die vielfältigen bemerkenswerten Bonusleistungen eines nichtgenannten Mitarbeiters wiegen nicht materiell, dafür emotional um so schwerer! Egal, es kann ja nicht jeden Tag Sonntag sein. Um davon Abstand zu gewinnen, reichen die locker 700 Kilometer zwar räumlich aus, aber seelisch muss noch einiges an Gras über die fleischliche Ausnahme der letzten Wochen wachsen. Das Leben ist eben nicht immer Schampus, meistens ist es Zitronenbrause. Jetzt ist es erstmal harte Arbeit. Naja bis zu einem gewissen Grad herrscht in der kriminalen Etage des Polizeigebäudes der norddeutschen Landeshauptstadt mit Weltkulturerbe nicht grad Schlendrian, aber kaum ist die Katze aus dem Haus- sagen wir mal so- bleibt auch mal was liegen. Das sollte nicht so sein und in der führungslosen Zeit herrschte auch Hierarchielosigkeit. Ein Mangel der von Brigitte auf sanfte aber sehr nachdrückliche Art und Weise durch das hier und da angebrachte Heben der linken Augenbraue und das gleichzeitige leichte nach vorn rechts Neigen des Kopfes getilgt wird. Jede nur erdenkliche Gegenwehr wird im Ansatz ausgemerzt. Respekt ist auch eine Frage der Autorität. Die strahlt Queen Brigitte, wie heimlich genannt wird auch aus. Aber da man nichts aber auch gar nichts vor Brigittes ultraschnellen Auffassungsgabe und messerscharfen Verstand verheimlichen kann, kennt sie natürlich den Buschfunk und nimmt den mit ihm verbundenen Adlung gelassen hin.
Einige mitten in der Ermittlung steckende Kleinigkeiten binden momentan die gesamte polizeiliche Kapazität an Hirnschmalz. Da sich Brigitte jetzt in die Fälle reinliest, bemerkt sie die Ähnlichkeit und Verbindungen zwischen den Vorgängen. Nach den Gesprächen mit den Ermittlungsleitern beschließt sie, dass es kurzerhand nur noch einen, einen gemeinsamen Fall gibt. Der erstreckt sich aber von dem Einbruch in ein Juweliergeschäft, dem einhergehenden Diebstahl tausender Schmuckstücke, der verschleppten Insolvenz des Klunkerhändlers, dem versuchten Versicherungsbetrug, Vergehen gegen das Geldwäschegesetz, Beschaffungskriminalität, illegalem Glücksspiel und wahrscheinlich auch Menschenschmuggel. Rotlichtbezug, hofft Brigitte speziell nach ihren Erfahrungen der letzten Wochen, gibt es selbstredend sowieso. Das älteste Gewerbe ist fast immer Dreh- und Angelpunkt und somit das trojanische Pferd aller verbrecherischen Aktivitäten. Nicht das Brigitte erstaunt ist, was bei einer so kurzen Abwesenheit passiert ist, aber Ihr verpenntes kleines Reich erkennt Queen Brigitte kaum wieder. Dabei weiß sie nicht, ob es ihr gefällt was sie nun bemerkt. Von zwei scheinbar revalisirenden internationalen Großfamilien angezettelten Verfall von Recht und Ordnung in Schwerin abgesehen, wurden nur die einschlägig bekannten zweifelhaften Größen der örtlichen Unterwelt, wenn es in der kleinsten deutschen Landeshauptstadt sowas überhaupt gibt, rekrutiert. Dass das keine gute Idee war, zeigt sich in dem, sagen wir mal, unglaublich unvorteilhaften agieren der Handelnden. Fachkräftemangel gibt es eben auch auf der dunklen Seite der Macht! Die Deppen, die vorher für Handtaschendiebstahl oder Leistungserschleichung im Jobcenter berühmt waren, fahren nun dicke Auto und bezahlen in der „moccamilcheisbar“ der Fußgängerzone mit nagelneuen Banknoten mit draufgedruckten mehreren Nullen. „Einmal null, immer Null“ denkt sich Brigitte.
Nun müssen die mannigfaltigen Delikte der Prozessbeteiligten einzeln und unwiderruflich nachgewiesen und dokumentiert werden. Das ist „puzzeln für Polizisten“ und stellt intellektuell eine massive Unterforderung der gut ausgebildeten Staatsgewalt dar. Schon deswegen müsste es drakonische Strafen geben. Meistens jedoch, sehen Brigitte und Kollegen, die nur mäßig verstrickten Nachwuchskriminellen und dafür fast bagatellisiert Bestraften bald nach verbüßen der erzieherischen Maßnahmen im Stadtbild wieder. Biertrinkend vor dem Discounter im Gewerbegebiet natürlich. Die gewollte Resozialisierung ist absolut gescheitert, weil die Erstsozialisierung auch nie gesamtgesellschaftlich geklappt hat. Nach zweiwöchigen Aufenthalt in der Arbeitswelt, hat Brigitte ihr Königreich, besser Königinnenreich, wieder gesäubert und instand gesetzt. Jetzt gibt es ein freistehenden Laden mit zerstörter Eingangstür in schwer zu vermietenden Premiumlage „Domnähe“ mehr, eine Handvoll Vollpfosten weniger und die internationale Clankriminalität ist mit unbekanntem Ziel von der mecklenburgischen Bildfläche verschwunden, fürs Erste zumindest. Queen Brigitte hält nun wieder Hof und alle andere behördlichen Mitarbeiter sind doch einigermaßen zufrieden, dass sie mit ihren Augen, quasi von oben über die sorgfältig zusammengetragen Informationen geschaut hat. Mit fast unsichtbaren Angelschnüren hat sie die Zusammenhänge der Systemabweichung für die Strafverfolgung aufgereiht und somit die illegalen Machenschaften eingeschnürt und unterbunden. Eine von Brigittes Stärken ist, über Kleinigkeiten nicht zu stolpern und das große Ganze nicht aus den Augen zu verlieren. Monarch*in kann man nicht lernen.





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