Liebe Corny, irgendwie bin ich jetzt in einem Alter, dass ….
- Georg

- 14. Jan. 2024
- 2 Min. Lesezeit

....für was es gut ist, werde ich auch noch irgendwann rausbekommen. Zumindest gibt mein momentanes Alter, mir das Gefühl freier zu sein. Nicht mehr so eingeklemmt oder fremdgesteuert zu sein. In den zurückliegenden Jahren musste ich Karriere machen, für die lieben Kleinen (die mich nun nahezu überragen) dasein. Diese permanente Aufgabe erübrigt sich von selbst. Die Kids sehe ich viel seltener als früher. Die Schlaf-Wachrhytmen der Bubies haben sich verschoben. Mittelpunkte verlagern sich vom heimischen Jugendzimmer zum Bett der Freundin oder dem Verkaufstresen des Stammspätis. Und falls ich sie zum Wäschewechsel zwischen Tür und Angel kurz mal zu einem Update stellen kann, bekomme ich nur so etwas wie „alles cool, Papps reg dich nicht auf“ oder „hmmm, mach ich doch!“ zu hören. OK, denk ich, wenn ich keine Nachricht über Probleme bekomme, haben sie auch keine. Zumindest nicht solche, bei denen ich helfen kann. Der Druck, sich um meine Vorläufergeneration zu kümmern erhöht sich merklich aber greift noch nicht wesentlich in die täglichen Aufgaben ein. So bleiben ungeahnte Möglichkeiten der persönlichen Entfaltung. Es sind Zeitfenster für die länger werdenden rekonvaleszieren Zustände da. Der Schnupfen dauert nicht mehr wie früher eine Woche, sondern nun sieben Tage. Muskelkater ist bis zu den nächsten sportlichen Aktivität auch deutlich gemildert. Und ist es ein Vorbote der Demenz, wenn ich vergesse mich über die kleinen lästigen Dinge des Alltags oder das miese Wetter aufzuregen? Wenn ich mich freue, wenn mal Nix ist. Zwei Stunden schmerzfreie Sofazeit mit Buch und Kuscheldecke mutet wie ein Hauptgewinn bei der Fernsehlotterie an, ohne je gespielt zu haben! Dazu war ich gestern in einer sehr komfortablen Situation eine kleine Genussreise in die Eifel zu unternehmen. Ich entkorkte eine kleine Verlockung. 500 Milliliter braune Flüssigkeit. Augenblicklich schwängerte sich die Luft rings um mein Sofa mit markanten Torfnoten. Wohl temperiert, ölig glitt das Elixier in das bereitgestellte Glas und atmete seinen voluminösen Atem in das hauptstädtische Wohnzimmer. Den fruchtigen Tatsch der Sherryfasslagerung konnte und wollte nicht verheimlicht werden. Vorsichtig an die Lippen geführt, verdichteten sich die aufregenden Aromen direkt unter meiner Nase. Mit den ersten Tropfen, die sich durch meine gierigen Lippen den Weg in meinen Schlund suchten, verteilte sich das flüssige Gold in der gesamten Mundhöhle. So durchbrach die homöopathische Dosis, der auch als Arznei ausschenkbaren Flüssigkeit, den trüben Schleier des dem normalen Leben geschuldeten Geschmacksmainstream auf eine nachdrückliche aber fast zarte Art und Weise. Holzige, erdige fast bäuerliche Töne belagerten die Geschmacksknospen und schoben das Bild einer entspannten Wanderung mit Freunden an einem sonnigen Spätsommertag durch satte Mittelgebirge vor die Leinwand der inneren Kinovorstellung! Fast zu schade zum schlucken. War man dann doch bereit für das Unausweichliche, dann schob sich der getorfte Getreidesaft honigartig an der Kehle hinab und verbreitete ein wohliges Gefühl in der körperlichen Mitte. Die Signale, die dann das Hirn aus den Regionen mit Flüssigkeitskontakt empfangen hatte, waren zwiespältig. Hin- und hergerissen zwischen grenzenloser Gier und vernünftigen Umgang mit Raritäten, entschied ich mich dafür, den lang anhaltenden Genuss des Whiskys nicht durch Banalitäten wie Zähneputzen zu verkürzen. Vielen Dank, Verneigung und schwägerliche Umarmung liebe Corny, für diese vortreffliche Wahl! Leider ist Weihnachten nur einmal im Jahr!




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