Der Wochenendmorgen
- Georg

- 25. Aug.
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 27. Nov.

Ab und an ist Mann schon vor dem ersten imaginären Weckerklingeln auf den Beinen. Nach ein bisschen Diesdas im noch stillen Sommerhaus erliege ich der Versuchung, in den noch stilleren angrenzenden Wald zu flüchten. Mit festem Schuhwerk stapfte ich über Stock und Stock, um sanft in dem saftigen Moosteppich sohlenhoch ebenso sicheren wie lautlosen Stand zu finden. Zwischen zarten, kniehohen Schossern aus Nachwuchseichen, -kiefern und -buchen versuch ich mit meinen an Schneeschuhe erinnernden Abdrücken so wenig wie möglich Schaden anzurichten.

Ich hab zwar einen Korb und ein Messer dabei, der immer mal wieder geschmeidig die Hand wechselt, aber das ist eher rituell und dient nicht dazu, die erhoffte Pilzernte nach Hause zu bringen. Da ich mich nicht wirklich auskenne und nur das mitnehmen würde, was ich sicher bestimmen kann, ist die Chance auf ein gesundes Abendessen extrem klein. Das was ich neben den Pilzen hier suche und entgegen den Pilzen fast im Überfluss finde, ist Ruhe. Dieses einzigartige Gefühl, wenn alles Holz, jede Nadel oder Blatt und jedes Gestrüpp nur dafür da ist, die feindlichen Geräusche der „zivilisierten Welt“ nicht nur von den geplagten Ohren fern zu halten, sondern auch die viel zu oft malträtierte Seele des Stadtmenschen zu covern, das die goldgelb klebrig kriechende unbekannte Kraft fast honigartig in alle Poren eindringt, um unverzüglich mit der Heilung zu beginnen.

Die noch relativ flach stehende Sonne schickt als therapeutische Unterstützung ihre Strahlen und sorgt für märchenhafte schöne Lichtspiele. Wenn das die pharmazeutische Industrie wüsste wie Wald wirken kann, die würden alle Wälder einzäunen oder sofort abbrennen.

So manch eine geschlossene Abteilung eines Krankenhauses, hätte eventuell nur die wirklich kranken Menschen zu versorgen. Zusätzlich und fast nebenbei atmet man ja weil man es nicht verhindern kann, saubere Luft ein, die geschwängert ist mit den Düften der umliegenden Blüten, der ätherischen Öle der umstehenden Bäume, der feinen Nuancen von Waldfrüchten aber auch der leicht modrige Geruch des Kreislaufs des Lebens im Wald. Was für eine fantastische Melange. Auf Flasche gezogen, wäre es der Verkaufsschlager in jeder Parfümerie.

Nach ein paar Stunden erscheine ich dann wieder auf der Bildfläche und beteilige mich am geplanten Tagesverlauf. Es braucht noch viele weitere Stunden, um die Mundwinkel des inneren Lächelns wieder in die leider Gottes Normalhaltung waagerecht zu ziehen. So falsch kann mein frei gewähltes Morgenprogramm gar nicht sein. Ich lass dann mal die Tabletten weg.



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