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Brigitte wird Ir(r)e

  • Autorenbild: Georg
    Georg
  • 16. März 2023
  • 4 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 17. März 2023


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Eine bleierne Woche neigt sich dem Ende entgegen. Brigitte Hartling kann wirklich nicht behaupten, sie wäre überarbeitet, ausgebrannt, geburnoutet! Brigitte kann sich gar nicht mehr an den Anfang der Woche erinnern, so gleichförmig sind die zähen Tage bei der Kripo. Das darf man keinem Kollegen in einer der Brennpunktwachen in Berlin, Hamburg oder irgendwo im Ruhrgebiet sagen.

Hier in Schwerin gibt es noch die Fünf Tage-Nine to Fife Einteilung. Das hat mit der Verwaltungspefektion des Chefs zu tun, aber auch schlicht mit dem allgemeinen Arbeitsaufkommen. Schwerin ist im Normalfall kein Knotenpunkt internationaler verbrecherischer Banden, kein Clan- oder Milieukiez. Hier in Norddeutschland ist Mann und Frau grundsolide. Das ist irgendwie das andere Wort für langweilig und das ist gut so, findet Brigitte. Sie hat nämlich überhaupt keine Lust im Berufsleben permanent in Gefahr zu geraten oder unter irgendeiner Form von Dauerstress Höchstleistungen vollbringen zu müssen! Lieber langweilt sie sich zwischendurch, denkt über ihr zugegeben nicht sehr ausschweifendes Privatleben nach und geht regelmäßig zum Yoga. Körper und Seele danken es ihr. Lieber überschaubar, gesund und ausgeglichen als ständig gehetzt, gereizt und gefährdet! Trotzalledem, könnte sie mal etwas anderes machen. Urlaub vielleicht oder noch besser eine Kur. Mit Beautyanwendungen, Verwöhnen und allem PiPaPo. Vielleicht auch, und das gehört ja auch zum Po, einem Kurschatten? Hmmm…..!

Als die Tür vom Fromms Büro durch einen fiesen Luftzug heftig ins Schloß fällt, ist sie wieder im Hier und Jetzt. Als könnte man ihre Gedanken lesen, schaut sie sich hektisch um und ihr Gesicht bekommt eine gesunde Farbe.


Als sie als Nächstes ihr elektronisches Postfach aufräumen will, stellt sie mit Überraschung fest, dass eine zweitagealte Mail von Peter drin ist. Yupp, das kommt ihr zu pass. Sie ruft mal unten in der KTU an. Mit Vergnügen verabredet sich Peter für einen kleinen Kneipenbesuch nach der Arbeit. Es ist ja schließlich Freitag und das unerträglich lange Wochenende steht vor der Tür. Um 19.00 am Ziegenmarkt. Da ist „Zum Freischütz“, eine Kneipe in der es zwanglos zugeht und die auch ein vernünftiges Speiseangebot hat. Viel später darf man nicht mehr starten, da es sonst gewöhnlich rappel voll ist.

Als Brigitte, für ihre Verhältnisse leicht aufgebrezelt, punktgenau sieben Uhr, sich durch die rustikale Holztür in die Kneipe schiebt, steht sie vor einer Wand. Einer Wand aus Fleisch, Haut und Haaren! Schultern und Stiernacken reihen sich an bemalte Dekolletés, beringte Bauchnabel und mehr will sie gar nicht wissen. Doch es gibt noch etwas, etwas ist anders als üblich. Einige Besucher haben grüne Hüte auf. Manche rot gefärbte Haare. Fähnchen und Wimpelketten mit Kleeblättern oder in grün-weiß-orange verunzieren das Gasthaus. Aus den Lautsprechern hämmern Rockgeige und Folkklänge. Irischer Whiskey ist laut Aushang im Sonderangebot! Dann ist schnell alles klar für Brigitte: 17.03.-St. Patrick’s Day! Der internationale Feiertag 🇮🇪, Tag aller Iren. Mittlerweile wohnen mehr Iren weltweit, als auf der Heimatinsel. Dank des weltweit erhältlichen nationalen üblichen Bieres, wird dieser Tag auch nach allen kapitalistischen Regeln ausgeschlachtet und vermarktet. Sei es drum! Sympathische trinkfeste Trinkfeste sind Brigitte lieber als Trübsalsaufen in der Provinz!

Auf dem Drängelkurs in Richtung Tresen, kommt sie auch an Peter vorbei. Mit einer vertraulichen vertrauten Kopfhaltung, suggeriert er Brigitte, ihm doch auch ein Pint des berühmten Bieres mit der schwarzen Seele mitzubringen!

Drei Songs der Dubliners und circa 20 mehr oder weniger gewollten Ganzkörpermassagen an vorbeigleitenden Durstigen später, ist Brigitte bei ihm zurück! Sie stoßen nicht nur sich an sondern auch die Gläser und Brigitte nimmt den ersten samtigen Schluck des Tages. Wie sie es bei dem Gedränge geschafft hat die Gläser randvoll abzuliefern, ist Peter ein wahrhaftiges Rätsel. „So fühlt sich vielleicht auch Karneval an! Leicht verkleidet und einen sitzen, Feierstunden mit vielen Fremden und das wahre Leben wartet auf Morgen!“ sagt Peter. Brigitte zuckt die Schultern, „keine Ahnung, du weißt ja, ich habe keine fünfte Jahreszeit!“ Aber was und wie auch immer, es ist eine prima Ablenkung von öden Nix der letzten Wochen. Peter läuft jetzt zur Höchstform auf und tischt Brigitte die Ursprünge des Feiertages auf, welche, wie könnte es anders sein im katholischem Staat, natürlich mit der Christianisierung des Inselvolkes durch den namentlichen bayrischen Heiligen zu tun hat. Rhetorisch nicht ungeschickt, schmückt Peter blumig seinen Vortrag mit regionalen Kolorit, zeitlichen Einordnungen und geschichtlich gefühltem Fakten so auf, das nicht nur Brigitte sondern viele umstehende Besucher auch an seinen Lippen hängen. In den Köpfen der Zuhörer entstehen nun opulent ausgestattete bunte Filme, welche auch bei Terra x hätten laufen können. Als er nach einer Dreiviertelstunde mit seiner vorbereiteten Improvisation endet, ist es in der Kneipe vollkommen still. Da er es nicht gewohnt ist im Rampenlicht zustehen, bekämpft er mit hochrotem Kopf nun den trockenen Mund und leert sein Glas in einem Zuge.

Schulterklopfen und sogar Applaus, werten das so eben Vollbrachte. Auf seinem Gang zum Tresen, teilt er nun die Menge der Besucher, wie Mose das Wasser beim Auszug aus Ägypten.

Brigitte kennt ihn so nicht. Er läuft nicht, er schreitet, er bittet nicht um zwei Glas Bier , er fordert. Was Alkohol aus den Menschen machen kann ist schon erstaunlich! Brigitte hat ihren innerlichen Statushebel ihrer Beziehung von „off“ auf „on“ gestellt. Verwegen schreitet er nun mit dem gezapften Nachschub auf sie zu. „Mal sehen, wie das hier weiter geht, du tollkühner Ritter?“schreit ihre Seele unhörbar für alle anderen Menschen. Nach dieser Steilvorlage bestreiten die zwei noch weitere unterhaltsame abwechslungsreiche Stunden im Pub!

Irgendwann, draußen hat die Dunkelheit längst die Einsamkeit gefangen und die nichtverabredete Einigkeit des gemeinsamen Aufbruchs ist erdrückend spürbar, hebt Peter seine Stimme zu seiner Begleitung.


„Oh, by the way: The same procedure as last year, Miss Bridget?“ Ganz überflüssige Frage, Peter, denkt sich Brigitte und antwortet: „The same procedure as every year, Peter.“

 
 
 

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