Zelt 🏕 Platz
- Georg

- 23. Juli 2022
- 2 Min. Lesezeit
Wieviel tausend Jahre Evolution brauchen die Menschen noch, um das Nomadenleben endgültig abzuschütteln? Ist man früher auf der Suche nach fruchtbaren Ebenen, den Weidegründen des Viehs hinterher gereist, so sind es heute andere Gründe. Die Suche nach Erholung, Sonne, gutes Essen, aufregende Landschaft, Einsamkeit oder städtischer Trubel, Kultur und was weiß ich noch alles. Jeder sucht, was er im seinem restlichen Leben nicht hat. Wer einen gedämpften Verwaltungsjob hat, geht auf Weltreise oder springt am Gummiseil von Hochhäusern oder in irgendwelche Schluchten. Wer das ganze Jahr körperliche oder stressige Herausforderungen hat, ist eventuell mit der überschaubaren Kleingartenanlage vollkommen glücklich.
Ich als Städter, lebe zwar nicht in palastähnlichen Zuständen, aber für mich ist es schon toll, den gesicherten vier Wänden für drei Wochen zu entkommen. Ich tausche gern für ein paar Wochen, die gemauerte Schutzburg vor den Elementen, die zementierten Abläufe des Lebens gegen ein Festival an Provisorien, den Reiz des Unberechenbaren, einen Hauch aus fast nix aus Nylon und Moskitogaze um mich herum.

Was sich anhört wie eine Fetischparty ist aber nicht nur im Internet, sondern auch in jedem guten Freizeitfachmarkt oder Aussteigerfreakgeschäft zu bekommen!
Bei der Wahl der richtigen Unterkunft auf Reisen sollte der Abenteurer natürlich schon wissen, wo’s und mit wem es, wie hingeht. Die Auswahl ist erschlagend. Wurfzelte, Glasfieber- Alu- oder Luftgestänge, Polyester, Polyurethane oder Baumwolle, Realtunnel, Seiten- und Vorderwandbereich, Ganzjahres- und Saisonzelte, Familienzelte, Ultralight, Geodät, mit oder ohne Abseiten. Demnächst wird es wohl einen eigen Studiengang geben müssen „Campen, aber richtig! Eco, Bio und Nachhaltig“! Was man da alles falsch machen kann! Und bei der Wahl der Übernachtungspätze geht es weiter. In Sternekategorien, TÜV oder adac geprüft, von besseren Parkplätzen bis zur vollanimierten Luxusfreizeitanlage mit Sauna, Wellnessbereich, Kino, Einkaufszentrum und Sternegastro. Es ist ein bisschen wie Karneval, alles kann-nix muss! Für mich selber reicht es schon, wenn die Toiletten regelmäßig gereinigt werden und der See, Berg oder Ort fußläufig erreichbar ist. Alles andere ist dann so wie es ist, sicherlich auch aushaltbar. Reise als Reise zu sich. Man merkt doch im normalen Leben kaum noch, was einem wirklich wichtig ist. Ja und man muss natürlich auch temporär einschränkende Einflüsse auf seine Privatsphäre in Kauf nehmen.
Menschen mit dem Hang zum Dresscode oder Körpernazis sollten ihre verdunkelnden Schweißerbrillen 24 Stunden tragen. Menschen sehen aus, wie sie aussehen. Mit Beulen, Narben, Falten, Tattoos; weit entfernt der Schönheitsideale des Privatfernsehns oder der Yellowpress und das alles oft nur leicht verhüllt. Geräuschempfindliche Menschen sollten hier auch nicht buchen. Auf Holländische Laute sollte man nicht unbedingt allergisch reagieren. Aber wer offen interessiert an seiner Umwelt ist (untertreibend für Neugier) oder laienhafte nichtrepräsentative Milieustudien betreiben möchte, ist hier gut aufgehoben. Man kann hier aber einfach auch nix machen, den guten Mann einen schönen Tag haben lassen, baden bis der Arzt kommt, Ausflüge in die Umgebung machen, im Schatten, unterm Vorzelt, mit den Beinen im Wasser, in der angegliederten Pizzeria oder einfach nur so, einen sitzen haben, je nach Bedarf! So rieselt der Urlaub durch die Sanduhr des Sommers und am Schluss fragt man sich, warum man so erholt ist. Nix, ist eben manchmal auch eine Lösung!




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