Um Haaresbreite

Menschen müssen sich immer kümmern. Am liebsten um sich selbst. Oder nur um Teile von sich selbst. Das Spektrum ist riesig. Doppelkinn, Blähbauch, Mundgeruch, runzlige Ellenbogen, um nur eine Auswahl zu nennen. Aber allen Menschen gleich ist wohl die Sorge um ihr Haar. Mal ist es zu wenig, mal zu lang, zu grau, zu lockig oder zu glatt. Dem Einen wächst es nicht oder nicht mehr, dem Anderen wächst es an den ungewollten Stellen wie Augenbrauen, Rücken, Achselhöhlen oder Schambereich, obwohl manche Menschen die das dann auch zur Schau stellen, nicht mal schamhaft sind und schon gar nicht charmant, egal anderes Thema. Für das Bisschen was die Evolution von der Körperbehaarung übrig gelassen hat, wird gesellschaftlich ordentlich Rummel gemacht. Auch der wirtschaftliche Aspekt scheint eine Rolle zu spielen. Drogeriemärkte könnten ihre Verkaufsfläche halbieren, wenn es nicht diverse Produkte für oder gegen Haare beim Menschen gäbe. Auch die zahlreichen Salons der Coiffeure wären sinnlos und unsere städtischen Fußgängerzonen würden noch gefährdeter sein als ohnehin. Modische Trends wie, gepflegtem Vollbart mit gleichzeitiger Kopfglatze zeigen, wie unentschieden das Rennen zwischen Rasur und Pflegeprodukten wie Öl, Wachs, Gel, Festiger, Shampoo, Sprays, Balsam, Masken, Kuren, Conditioner oder Mittelchen für Farbveränderung ist. Mit einer Zwangsabgabe auf solche Produkte, sagen wir, einem Zehntel, hätten wir den Hunger in der Welt schon längst besiegt.

So ganz kann ich mich dem gesellschaftlichen Druck die Resthaare rund um den Kopf in nicht all zu sehr skandalösen Zuständen zu halten, nicht entziehen. Verstehen werde ich dieses Bohei  allerdings nie. Wenn nur halb so viel Energie und Ressourcen in die Bekämpfung von Krieg fließen würde wie für die Entwicklung und Erforschung von Haarpflegeserien fließt, Putin und der derzeitige Kim beim 38sten Breitengrad, wären unser aller Bestfriends.