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- Georg

- 30. März 2022
- 2 Min. Lesezeit
Eine neue Geschichte
Sarah stolpert durch das Auenland. Sie hat es nicht eilig, vielmehr schlendert sie von Lichtung zu Unterstand, vom Viewpoint zum Bächlein. Sarah ist nicht unzufrieden mit ihrem Dasein. Genug Taler im Geldbeutel, genug Zeit für die täglichen Etappen. Das Wetter meint es gut mit ihr. 19,5 Grad und eine leichte Frühlingsbriese durchforstet Wald und Heide. „Leichtigkeit“ hieße das Wort, welches sie wie aus der Pistole geschossen jedem Journalisten ins Mikrofon geschrien hätte, falls man sie um die Zusammenfassung der vergangenen Woche gebeten hätte. Sie war fast allein in den Fluren unterwegs. Gelegentlich sah sie aus der Ferne Einheimische bei Wald- und Feldarbeit. Immer wenn sie Stimmen hörte, ging sie nicht zum Arzt sondern in einem großen Bogen um das epische Zentrum herum. Zu verstehen war für sie ohnehin nichts. Das lag nicht nur an möglicherweise intellektuellen Unterschieden zu den Sprachverursachern, es lag wahrscheinlich am Zungenschlag. Der unterschied sich schon gewaltig von der ihr antrainierten Wortlautung. Der norddeutsche, ja fast friesische Einfluss war bei Sarah nicht wegzudiskutieren. Landschaftlich ist die gewonnene Reise ein Kulturschock. Bei ihr in Norden vor der Haustür gibt es keine Landschaft, da gibt es nur Gegend. Dafür aber bis zum Horizont, in ziemlich alle Richtungen! Unterbrochen, andere sagen aufgelockert, durch einige lange weißstielige moderne Gegenentwürfe zur Braunkohleverstromung mit sich drehenden Rotoren. Das Kreuzworträtsel in der Apothekenumschau war pipieinfach, nur den männlichen Vornamen mit drei Buchstaben mußte sie raten. Ben, wie ihr Zahnarzt, in derem Vorzimmer sie mit Kugelschreiber bewaffnet, sich die Zeit vertrieb. Da sie danach sowieso noch zu Post wollte, konnte sie die eingeheftete Postkarte auch ebensogut mit dem Lösungswort versehen und abschicken! Es dauerte vier Wochen, die Zahnschmerzen waren längst Schnee von gestern, als der insgesamt doch überraschende Gewinn ihr zur Kenntnis gelangte. Eine Wanderreise rings um das Auenland! Aurich, kannte sie, das war um die Ecke, so zu sagen. Da kommen doch die ganzen Klapperkisten her, die sie zur Ausbeutung des Windes auf das Feld stellen. Aber Auenland? Mittelerde, ok, aber was zieh ich an?, schoss es Sarah durch den Kopf!
Drei Stunden dauerte das Telefonat mit der Hotline um alles einzutüten. Leicht heiser legte sie den Telefonhörer vom gut durchbluteten Ohr zurück auf die Ladestation. Freitag in einer Woche sollte es losgehen. Bahnfahrten inklusive. Erstmal nach Süden. Is klar, ne, von Norden weiter nach Norden braucht man ja auch gleich “n Kutter! Leer, Oldenburg, Hannover, Erfurt bis zum Burgberg 1, Eisfeld-Waffenrod/Hinterrod. Bei den Namen war sich Sarah nun sicher, dass der Zug auch am Bahnsteig Neun Dreiviertel abfahren würde! In nur fünf Stunden sollte das zu schaffen sein, versprach die Hotline. Ob das noch auf der gleichen Matrix stattfinden wird, wurde nicht versprochen.
Egal, es war alles prima zu schaffen. Und Sarah hat weder Gnome, noch sprechende Bäume gefunden in den Tagen rings um das Auenland. Nur Zerstreuung, Erholung und Erdhügel, die höher waren als die sonst so allgegenwärtigen Deiche. Ob sie nochmal wiederkommen wird, hängt wohl maßgeblich mit ihrer Zahngesundheit zusammen! Denn Ben macht ihr seitdem nicht nur die Zähne, sondern auch den Hof!




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