Molchat Doma

Stellt euch einen sowjetischen Satellitenstaat Anfang der 80er Jahre vor. In einem entlegenen Kinderheim startet ein durchgeknallter Bürgermeister seine eigene Agenda. Drei  Jungen, Waisen ohne wirklich sinnvolle Zukunftsaussichten werden nachts Kopfhörer aufgesetzt und populäre Musik des Westens eingespielt. The Cure, Depesche Mode, Twins, Ian Curtis und seine Band Joy Division und solch Zeug. Denn ganzen damaligen dekadenten Dreck der westlichen Popmusik. Dann in den Jahren der Perestroika geht alles durcheinander und für ein paar Jahre verlieren sich ihre Spuren. Erst 2017 tauchen die drei Buben wieder aus der Versenkung auf. Als „Molchat Doma“

Stümperhaft haben sie gelernt, Musikinstrumente, oder was sie dafür halten, zu bedienen. Nur weil sie es nicht können, hält sie nichts davon ab, es auch zu machen. Das gleiche gilt auch für die Songtexte oder die künstlerische Darbietung auf der Bühne. Alles sehr gewöhnungsbedürftig!  Egal , in einer Welt, in der nur der gewinnt der auffällig ist, sind sie willkommen. Beim erst zweiten Konzert in der westlichen Welt, lernte ich sie kennen. Schüchterne Jungs , die sich am Keyboard und Mikrophonständer fest hielten und ungelenke und unfreiwillige Bewegungen zu gewöhnungsbedürftigen Klängen machten. Aus leeren Trinkfix-Dosen mit farbigen flackernden Lichtern wurden stroboskobische Effekte vorgetäuscht.

Mittlerweile sind die drei Protagonisten ihrer alten Welt entkommen, wohnen in Kalifornien und können alles was sie erlebt haben künstlerisch verarbeiten.

Post Punk,  Lo- Fi, Dark Wave…. Genug gegenret. Man wird sich nicht hinter irgendwelchen Schubladenbeschilderungen verstecken können, um zu beschreiben was ich heute hörte. Belarussische Menschen beschreiben in ihrer Muttersprache Gefühle und Geschehnisse in der Post-kpdsu-Ära. Dabei bleiben sie möglichst kryptisch. Ob das aus Angst vor ungewollten Balkonstürzen oder nicht gewollten Plutoniumvergiftungen geschieht, entzieht sich meiner Kenntnis. Die wenigen Songtextene, die aus dem russischen in lesbares deutsch übersetzt werden, bleiben rätselhaft. Dass der Sänger beim Vortrag leidet, ist unschwer an seiner Bühnenpräsens abzulesen. Tief gebeugt, schleppt er sich vom Mikrophon zu irgendwelchen eigenwilligen Tanzeinlagen. Egal , werden sie seit ihrer Ankunft unter der Sonne Kaliforniens scheinbar gut beraten. Auf der neuen Platte sind sogar Westerngitarren im Einsatz und bereichern das Portfolio. Mit der Darbietung ihren eingepflanzten Vorlieben, erarbeiten sie sich eine breite Hörerschaft.

Drei Szenarien für die Zukunft:

1. der Erfolg steigt den Jungs zu Kopf und sie kommen in der Drogenhölle um, obwohl sie keine 27 mehr sind.

2. Das nächste Album wir von Kendrick Lamar produziert und ist ein reines  Countryalbum, dass alle Verkaufsrekorde bricht. Russische Countrymusik, wer hat nicht darauf gewartet?

3. Oder, sie arbeiten solide und bescheiden weiter, verarbeiten ihre Trauma und werden glücklich

Aber wenn auch nur die Hälfte des vorstehenden Textes erfunden ist, ich werde mir für das nächste Konzert wieder eine Karte kaufen, entweder um zu sehen was dann geschieht oder einen guten alten Freund zu treffen.