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Liebenswerte Melancholie

  • Autorenbild: Georg
    Georg
  • 29. Juni 2022
  • 2 Min. Lesezeit


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Der Meister hat gerufen und ich bin brav und nur allzugerne gefolgt. Nun hab ich keine wilde Party vermutet, kein Gekreische, keine Sensation. Vielmehr einen Abend des Grübelns, der gepflegten Selbstzweifel gepaart mit musikalischem Hochgenuss. Mehrstündige Gänsehaut der angenehmen Art und Weise! Zichtausend Menschen treffen sich zum andächtigen lauschen, begeistertem zuhören, mitsummen, schunkeln, mitwippen, zum erleiden jeder einzelnen gequälten Note. Passend zur düsteren allgemeinen Stimmung, drohte der Himmel laut Vorhersage hin und wieder, tristeste Botschaften in Form von Regen, Hagel und Gewitter danieder zu schicken. Aber pünktlich zum Start lukte sogar die Sonne aus den Wolken. Es kann ja nicht jeden Tag Mallorca sein, aber wenn es jetzt nicht grundsätzlich sommerlich wäre, die trübe schwermütige Dämmerung dauerhaft bleischwer und feuchtkalt wie eine alte Pferdedecke über dem Land liegen würde und es keine Hoffnung auf Besserung gäbe, ich könnte mir inmitten des Konzertes kollektive Tendenzen zum endgültigen beenden aller Qual vorstellen. Die Bad Seeds nahmen auf der Bühne in einer originalgetreuen Nachbildung eines US-Fernsehstudios aus den fünfziger Jahren platz. Genauso klassisch, waren auch die Instrumente. Neben dem Backroundchor, den üblichen Gitarren, Bass und Keyboard konnten Geige, Pauken und sogar ein Xylophon gesichtet werden. Damit schafften sie den Hochflor- Klangteppich, in dem ich mich gerne fast drei Stunden sühlte.

An diesem Abend gibt es auch ein Wiederhören mit alten Bekannten. Musikalische Weggefährten meiner jungen und nicht mehr so taufrischen Jahre, tauchen mich zurück in die Vergangenheit. Die Songs zeichneten in Sepia leicht entrückte kinoleinwandgroße Bilder vor mein inneres Auge. Schön oder nicht, es war wie es war. Kunstfertig ist es auf jeden Fall.

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Auf der Bühne mühte sich ein gut gekleideter Herr in den besten Jahren nach allen Regeln der Unterhaltungskunst. Nick spielte hemmungslos nach gut dünkten mit und für das Publikum. Er ist viel zu rockig, um als Chansonsänger gehandelt zu werden. Viel zu balladieus, um als Rocker durch zu gehen. Wer unbedingt eine Schublade will, muss sich aber extrem anstrengen, alles in einen Schrank unter zu bekommen. Allein die zeitliche und räumliche Einordnung fällt schwer. Von Australien führte ihn sein Weg auf so ziemlich alle Kontinente, so auch ins Berlin (West) der Achziger. Künstlerisch führte sein Weg vom krachigen Punk über Blues schlussendlich zu melancholischen Balladen mit und ohne religiöse Hintergründe. Ausgelassen hat er wenig, zu sich genommen hat er fast alles und zusammen gearbeitet hat er mit ziemlich jedem der zeitgleich auf dem Erdball irgendwelche Musik fabriziert hat. Bowie, Bargeld, Cash, Minogue, Harvey und unzählige andere. Auch als Lieferant für erstklassige Filmmusik hatte er kein Genre ausgelassen. Von Wenders „Himmel über Berlin“ über „Potter“ bis „Gangs of Birmingham“ war alles dabei. Es gibt Bücher und Filme von, mit und über ihn. Comics, Doktorarbeiten und was nicht noch alles über sein umtriebiges, nicht immer glückliches aber absolut erfülltes künstlerisches und persönliches Leben.

So machte ich heute einem der letzten seiner Art meine bescheidene Aufwartung. Und hätte er das weite Rund der Freilichtbühne heute nur angeschwiegen, ich hätte auch vor Glück geheult. Die Legende lebt!

Genauso wie man einmal in Paris gewesen sein muss, einmal ein Original Picasso oder ein van Gogh gesehen haben muss, so muss man auch Gast des kleinen größten lebenden Australiers gewesen sein. All das ist wichtig, um Kunst einordnen zu können. Jetzt kann eigentlich nicht mehr viel folgen, warten wir es ab! Danke Nick Cave & Bad Seeds!


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