Lands‘End

Neulich hab ich ein Buch gelesen, indem die Geschichte, zumindest zeitweise, in national befreiten Gegenden spielte. Es war sehr gut und ich habe es trotz des unangenehmen Beigeschmacks, fertig gelesen. Natürlich spielte es irgendwo auf dem Land, natürlich in Ostdeutschland.

Es bekommt der Begriff „national“ eine für mich neue Tragweite, wenn auf vieles Offensichtliche verzichtet wird, was die ungeliebte Globalisierung mit sich brachte. Die positiven Effekte werden stillschweigend und selbstverständlich in Kauf genommen. Prinzipiell finde ich das nicht unbedingt gleich problematisch. Es wird aber zum Skandal, mit einem braunen Überbau. Wenn man Dinge tut, zum Beispiel regional einkauft, nicht weil es ökonomisch und ökologisch angebracht ist, sondern weil es ins Weltbild einer radikalen Menschenverachtung passt. Weil das Zeug aller anderen Völker, Müll sein muss. Weil man sich selbst für besser, für rein, für auserwählt hält.

Meinen kleinen Buben habe ich zu einer Woche Urlaub ohne Eltern aber mit Kumpels in diese gottlose Gegend auf einen Zeltplatz gefahren. Damit wir Urlaub von ihm haben oder umgedreht. Dorthin, wo wirklich alles zu Ende scheint. Zumindest das Land, wo des Meer beginnt. Ich war lange nicht mehr an der nördlichen Landesgrenze. Jetzt weiß ich auch wieder wieso! Dort wo das Land alle ist, sah ich auch viele stereotype Einheimische. Diese Menschen. Äußerlichkeiten, die uff ehne rechte, nationale Gesinnung deuten. Haarschnitt, aussagekräftige Tattoos, Szene-Klamotten, einschlägige Aufschriften auf Autos, alles passte ins Bild und bekräftigte meine Vorurteile.

Aber warum? Keiner wird als Nazi geboren! Warum also werden sie was sie jetzt sind?

Vielleicht weil es trotz täglicher Überlastung der Straßen durch Urlauber, keine bauliche Entlastung gibt, um Dauerstau zu verhindern und so der ganze Ort verpestet und bestunken wird, es nach über 30 Jahren Bundesrepublik immernoch Funklöcher in Bundeslandgröße gibt, weil wenn es Arbeit gibt, diese schlecht bezahlt wird und vor ihren Nasen fette wohlhabende Menschen in ihren nagelneuesten Blechbehausungen das ganze Jahr nichts machen, als Party und Urlaub. Weil es trotz Grundgesetz, keine gleichwertigen Lebensbedingungen gibt. Das macht was mit den Menschen. Sie müssen zu „netto“ gehen und andere gehen ins Hotel. Das bleibt nicht spurlos. Ob ich, wenn ich dreißig Jahre und mehr abgehängt bin, auch zum Nazi werde? Die CDU ist da schon Splitterpartei und die SPD ist auf dem gleichen Weg. Es wird radikalisiert, wo es nur geht. Wenn die Mitte der Gesellschaft fehlt, gibt es keine mehr. Ich weiß nicht ob man da noch etwas machen kann, so jedenfalls, werde ich mich nicht mehr an das Lands’End ziehen lassen, wenn ich

den Buben wieder abgeholt habe. Nichtmal zum nixtun.