Jámas, so feiert man heute!

Jámas !

Zu gut deutsch „auf die Gesundheit“!

Na wenn das mal stimmt….!

Zur ostdeutschen cineastischen DNA gehört zweifellos der lange aus der Öffentlichkeit verbannte Film „Spur der Steine“ mit dem Publikumsliebling Manfred Krug in der Hauptrolle. Der Film verschwand keineswegs wegen des Hauptdarstellers in der Versenkung, obgleich der wegen der Unterschrift unter einen Protestbrief gegen die Ausbürgerung von Herrn Biermann später auch in Ungnade fiel und so auch höchst selbst verschwand, nicht in der Versenkung sondern in Richtung Westen. Der Film verschwand, weil er schonungslos die Zustände der damaligen Zeit in der Realität der jungen sozialistischen Gesellschaft ablichtete. Hierarchische Strukturen an der Partei- und Staatsführung vorbei, durfte es, wie dort abgebildet, aber nicht geben! Nicht dramaturgisch bedeutsam aber durchaus ausschmückend, gab es eine Weihnachtsfeierszene der Bauleute mit Auszeichnungen, offenen Tadeln, Prämien und Danksagungen. Natürlich gab es Berge von Essen und Flüsse von Getränken. Gleichzeitig wurden alte Rechnungen mit der Obrigkeit und der sich nicht immer grünen Arbeiter untereinander, erst mit biergelockerter Zunge, dann mit aus der Verankerung gerissenen Stuhlbeinen und am Schluss auch mit fliegenden Fäusten, Zähnen und Veilchen beglichen. So war es damals!

Heute, mehr als ein halbes Jahrhundert später, unter anderen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, geht das Baustellen-…eh…-kollektiv im Falle einer Feier in feinem Zwirn, oder was immer solch Hotten dafür halten, in ein griechisches Großraumrestaurant. Männer um die fünfzig, die nicht alle vorzeigbare grade Lebenswege haben und früher durchschnittlich nach solchen Anlässen durch die Polizei nach Hause begleitet werden mussten oder ein paar Tage abgetaucht waren!

Als Begrüßung gab’s vom freundlichen Kellner gleich mal ‘ne Runde Tradition in Schnapsgläsern. Der heutige Fahrer stellte das gleich zu mir weiter und ein anderer, der gar kein Alkohol mehr trinkt, verzichtet natürlich auch. Dann kommen die Speisekarten, einer der glorreichen Sieben, tut sich ohnehin schwer mit dem Lesen und drei andere haben ihre Lesebrillen vergessen und behelfen sich mit der Lupenfunktion ihrer Mobiltelefone. Einer steht mit der Karte in der Hand auf und geht in dem Toilettenvorraum um zu entziffern, was da geschrieben steht. Zu seiner Verteidigung ist anzuführen, dass das der wirklich einzige Fleck auf den etwa 500 Quadratmetern ist, der vernünftig ausgeleuchtet ist. Mit der Speiseauswahl geht es weiter. Ein Schweinefleischnichtesser, ich kann Fisch nicht, einer hasst Aubergine, der nächste findet Pommes abartig und einer möchte keine Sauce! Inzwischen war der Schnappsmann schon drei mal da und ich bin mir gar nicht mehr so sicher, ob ich überhaupt Hunger habe! Egal, der Lammspieß mit grünen Bohnen war prächtig und ich habe wirklich mitgezählt, nach dem Essen winkte ich nach dem ersten zweistelligen Ouzo endgültig ab. Nachtisch können wir aus zeitlichem Grunde nicht mehr schaffen, weil unser Fahrer heute noch andere Verpflichtungen hat. So komme ich noch gesittet zu einer christlichen Uhrzeit wieder zu Hause an und lasse mich aufs Sofa plumpsen. Auf die Frage der Daheimgebliebenen wie es denn gewesen sei, murmel ich nur „jámas“ mit fast geschlossenen Augen!