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Ich sterbe Salamiartig

  • Autorenbild: Georg
    Georg
  • 23. Jan. 2023
  • 2 Min. Lesezeit

Jeden Tag eine Scheibe. Ich werde das Gefühl nicht los, dass mein geistiger und körperliche Zenit überschritten ist und es unausweichlich auf die Gruft zu geht. Das Einarbeiten in komplexe Aufgaben fällt mir, falls eine Steigerung noch möglich war, noch schwerer als früher. Und das liegt nicht nur an der Zunahme von Komplikationen der aktuellen Verhältnisse. Schwächelnde Sinnesorgane und abgenutzte Zähne wurden schon längst mit adäquaten Hilfsmitteln versorgt und somit bei ihren fortwährenden lebensverlängernden Tätigkeiten unterstützt. Die Lebensqualität einschränkenden Wehwehchen häufen sich, hören zusehends auf verniedlicht zu werden und heilen nicht mehr über Nacht. Und auch die Kräfte schwinden. Neulich hatte ich nach langer Zeit mal wieder einen Sack Beton im Baumarkt gekauft. Früher habe ich mir diesen einfach auf die Schulter gewuchtet und bin dahin gelaufen wo ich eben hin musste, Leitern oder Dachgeschosse inklusive.  Heute musste ich erstmal mehrfach nachfassen um dieses unwirkliche Gebilde mit meinen Händen zu unterfangen, dann vor den Bauch zu hieven um ihn schließlich leidenschaftlich zu umarmen. In dieser sicherlich lächerlich wirkenden Körpersprache war es mir immerhin unter Aufbietung übernatürlicher Kräfte möglich, die griff- und konturlose 40 kg-Papierhülle  von der Palette im Schwerlastregal in den Einkaufswagen zu befördern. Das geglückte Prozedere wiederholte sich dann noch drei mal, Einkaufswagen-Auto, Auto-Schubkarre und Schubkarre-Verarbeitungsort. Wäre ich Raucher, ich hätte danach bestimmt zwei Zigaretten mit einem Mal in Stereo geraucht, um die von der Anstrengung zitternden Hände wieder unter Kontrolle zu bekommen. Wenn ich daran denke wie brutal leicht mir das vor zwanzig Jahren gefallen ist, wechsle ich heute die Straßenseite, aus Angst mir selbst zu begegnen. Hähh?

Was kommt als nächstes?  Vom Klodeckel runterklappen Muskelkater? In den Öffis wird mir noch kein Sitzplatz angeboten, das beruhigt mich ein bisschen. Aber irgendwie sollte man dem Verfall die Stirn bieten. Zum Anfang sind es nur die kleinen Dinge die man ändern muss. Man sollte nicht zu lange in bequemen Sesseln sitzen, Rolltreppen und Aufzüge meiden, achtsamer mit sich werden. All das macht nur bedingt Spaß 🤩! Um weiterhin schmerzfrei seine Schuhe zu binden muss man sich trainieren. Bewegung in den Alltag integrieren. Fahrrad statt Auto fahren, Sport treiben, kurzum, Teilhabe am ganz normalen Leben zu haben. Wenn ich nur noch damit beschäftigt bin, mich schmerzfrei und leistungsfähig zuhalten, möchte ich nicht alt werden. Scheiben von mir, gehen jeden Tag den Weg aller irdischen Dinge! Was für eine schmerzhafte Luxussalami!

ree

 
 
 

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