Golden Delicious

Manchmal zweifelt man ja an seinem Tun.

Ist es wirklich gut, viele Jahre in Folge, das gleiche zu machen? Die immergleichen Restaurants zu besuchen, immernoch die Levi's 501 zu kaufen oder immer wieder in den Herbstferien in die pitureste Kulisse der sächsischen Schweiz zu fahren? Die Bewertung wird sich auf das -Danach- verschieben müssen, denn jetzt bin ich schon da!

Zuerst einmal bin ich müde. Die Zeit vor dem Verreisen war anstrengend. Die arbeits- und gesundheitlichbedingte Unruhe in mir war heftig. Aber kaum steig ich hier aus dem Auto, fällt der Blutdruck auf ein Niveau eines Alligators, der mit vollem Magen in der Sonne döst. Zufriedenheit setzt sich in jeder meiner Zellen durch. Außer lebenserhaltende Maßnahmen, wie luftholen oder Toilettengänge, gibt ersteinmal wenig für mich zu tun. Vom Balkon der Ferienwohnung aus, habe ich den Eindruck, dass ich in eine Modeleisenbahn-Anlage schaue. Kleine und große Häuser finden gesittet zwischen Fluss, Felsen und Bäumen platz. Wuselne Fußgänger bevölkern Wanderwege und Plätze rings um Imbissbuden.

Bilderbuchkulisse, die nur für uns, die norddeutschen Betrachter, da zu sein scheint. Keiner leidet Not oder hat es übergebühr eilig. In mir bereitet sich Vorfreude auf abwechslungsreiche Tage, auf Natur, Bewegung, viele Gespräche mit illustren Mitwanderen und die eine oder andere Leckerei aus. Alles im allen, unaufgeregte Tage. Es werden wohl kleine Kletterpartien und zahlreiche Spaziergänge durch Wald und Flur, zwischen Sträßchen und Flüßchen, zwischen Hügeln und Felsen werden. Die Verantwortung für Strecke, Route und Schwierigkeitsgrad lehne ich genauso ab, wie für das Wetter. Was mir für den Rest des Jahres immens schwer fällt, delegieren von Zuständigkeiten, gelingt hier mühelos. Die Tourenplanung wird denen überlassen, die mit einheimischen Zungenschlag ohnehin jeden Strauch hier mit dem Vornamen kennen. Das alles wird mit viel Erfahrung und Bedacht erledigt, sodass es für mich eine Freude ist, dabei zu sein! Bei all den dringenden Terminen in freier Natur, leiste ich mir auch Freizeit im Bett. Mit der Aussicht auf das Basteiensemble hat man trotzdem das Gefühl, man ist auf Tour! Die Bäume wandeln unter der wechselnden Belichtung durch strahlenden Sonnenschein, leichte Verschattung durch Bewölkung, einheitliches, drückendes, bleierndes mausgrau bis hin zu verregneten blau-schwarzen Himmel, ihr Kleid! Von satten, vor Kraft strotzendem grün, über lindblassgrün, ocker gelblichen Tönen, geht es zu orange - rosa, einen zarten Hauch bordeaux bis hin zu Kastanienbraun.

Was für ein fantastisches jährliches Schauspiel!

Mit einem Wort : ich liebe es!

So freu ich mich noch auf die andere Hälfte der freien Zeit und beantworte meine anfänglichen Selbstzweifel mit einem klaren "jein". Es ist gut, Dinge zu wiederholen, die einem gut tun!