Faulenzen
- Georg

- 29. Apr. 2022
- 2 Min. Lesezeit
Faulenzen
Ist für mich ein klarer Fall von fälschlicher Aussprache! Müsste nicht ein großes „V“ am Wortanfang geschrieben stehen? Warum wird es deutschen Kindern so schwer gemacht, vehlerfrei zu schreiben? Da wechsel ich lieber ins Englische. Das beherrsche ich zwar noch viel weniger, aber es wird mir als Deutscher mehrheitlich vergeben werden!
Also, sprechen wir von : Idles!
Zu gut deutsch: Leerlauf,
oder als Verb faulenzen, untätig sein, nichts tun!
Genau so bin ich zur Konzertkarte gekommen. Ein Freund gab mir seine eigene Karte und ein anderer nahm mich einfach mit. Ich freue mich auf meine Rolle als internationaler Konzertmitklatscher und tanzender Bewegungslegasteniker!
Da ich Abende die ergebnisoffen sind sehr mag und ohnehin in einer Lebensphase stecke, in der man Vorbild und Erziehungsberechtigter ist oder zumindest sein sollte und diese besagten Spektakel dahingehend viel zu selten sind, brenne ich für solch begrenzte Abenteuer! Und in diesem Wort stecken auch schon zwei wahre Bestandteile. Der Abend wird teuer. Eintritt, ein paar Getränke und vielleicht noch einige unverzichtbare Devotionalien vom Merchandisingstand. Ruckzuck sind einige bedruckte Papiere aus der Brieftasche über den Tresen gegangen.
In den Tagen vor dem Ereignis, machte ich mich auf dem Streamingdienst meiner Wahl mit dem Portfolio der Band bekannt. Bei meiner Vorliebe für energiegeladenen punkigen Gitarrengaragenrock, rannten die Faulenzer offene scheunentorgroße Trommelfelle ein. Jetzt musste ich mir nur noch zum mitgröhlen einige Textpassagen einprägen und an die eigenwilligen Arrangements gewöhnen und schon war ich wieder 18! In Anlehnung an allgemein bekannte Liedzeilen :
„ich möcht zurück auf die Straße,
möcht wieder singen, nicht schön sondern geil und laut.
Denn Gold find‘ man bekanntlich im Dreck und Straßen sind aus Dreck gebaut!“
Nach meinen bisherigen Feldforschungen und meinem Geschmack, sind die Idles, absolut die Band der Stunde, mit Tendenz zum aktuellen persönlichen Liebling!
Warum ist das was die britische Postpunkband (obwohl sie selbst diese Einordnung ablehnen) fabriziert, in den letzten Jahren an mir vorbei gegangen? Hatte ich den Kontakt zum Kulturvolk verloren? Bedingt ja! Ich mach das wie alle anderen auch und schiebe meine offensichtlich schändlichen Versäumnisse auf Corona, auf die geknebelten Lebensumstände oder der militärischen Spezialoperation zu! Das scheint ja für alles zu entschuldigen. Verspätete Fertigstellung von Bauprojekten, Verhaltensauffälligkeiten bei einer gesamten Generation Teenagern, Verkehrsvergehen oder atemberaubende Inflation!
Zurück zur Kultur!
In der ausverkauften Halle mit vielen hundert Gleichgesinnten, kann ich mich wieder spüren, die ungezähmte Kraft der Jugend, die neugierige Suche nach dem Selbst, das Vermögen das Offensichtliche als das Wesentliche wahrzunehmen, raus aus der Komforzone! Unbequeme Fragen stellen, ohne Angst vor den oftmals brutalbanalen Antworten, mindestens 35 Jahre und ungefähr 15 kg Wohlstandsspeck abwerfen!
Leider ist das Leben, jedenfalls meins anders gelaufen und so bin ich spätestens nachdem die Instrumente nun wieder schweigen, den Zeitstrahl wieder ins jetzt und hier gerutscht.
Ich werde leicht schweißnass am Rücken und mit latent heiserkratzendem Hals aus dem Kuppelbau in die S-Bahn gespuckt und fühle mich upgerocked, um ein neues Wort zu benutzen! Ich fahre beseelt von der Möglichkeit das es sowas Schönes, wie solch ein Flashback möglich ist, zurück in meinen bürgerlichen Palast, ja in die Schutzburg, um mein piefiges Dasein, was in meinen Ängsten und bei genauerem hinsehen, noch viel piefiger sein könnte, weiterzuleben!
Glück ist, wenn Krieg fehlt!




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