Es gibt sie immer noch, die schönen Dinge!

Wer Mal wieder bis zu zwanzig Meter vor einem Geschäft bei winterlichen Bedingungen anstehenden möchte, kann das gerne in der Schönfließer Straße in Berlin Prenzlauer Berg tun. Eingeklemmt zwischen unscheinbaren Hauseingängen und engen holprigen Bürgersteigen residiert ein kleines Juwel der Alten Zeit. Nun kann man an der Sinnhaftigkeit des geduldigen Anstehens in der Zeit des Überflusses zweifeln, klar! Aber, wer sich dann als Belohnung zum Beispiel ein Stück des gefüllten Streuselkuchens gönnt, vergisst sofort die frei gewählten Demütigungen. Lars Siebert heißt der Übeltäter, für alle die schon im Vorbeigehen an einer Bäckerei zunehmen. Seit 1906 betreiben hier seine Vorgänger schon dieses Handwerk. Zwei Weltkriege, diverse Wirtschaftskrisen und gesellschaftliche Umwälzungen konnte dieses Unternehmen überdauern. Leider macht sich hier nun auch immer mehr Gedöns der Neuzeit breit. Das emsig arbeitende Team ist ausgesprochen freundlich, trotz des immensen Kundenstroms. Das Repartoir reicht von Blechkuchen im Großmutterstyl, über Brot, Brötchen, kleinen Törtchen, Keksen und vielem mehr. So kann man hier mittlerweile auch Latte mac-city in allen erdenklichen Varianten, kalte Milch und lauwarmen Kakao bekommen. Belegte Brötchen und einen Snack für Zwischendurch, sind auch im Angebot. Dabei unterscheidet sich das hier Feilgebotene geschmacklich so grundsätzlich von dem Angebot der Aufbackletten, dass man sich zukünftige Einkäufe bei Mc Billig oder der gleichen versagt. Es kommt eben doch auf das Handwerk an. So wie die Flaneure des naheliegenden Arminplatzes, die zahlreichen Muttis mit Kleinkindern oder die Yuppies aus den unübersichtlichen Start-ups in den Erdgeschossen der umliegenden Wohnhäuser diesen Laden frequentieren, muss man sich Gott sei Dank, über die zukünftige wirtschaftliche Situation von Lars Siebert keine ernsthaften Gedanken machen!