Endlich Urlaub
- Georg

- 9. Juli 2022
- 2 Min. Lesezeit

Ich bin reif. Leider hab ich auch ein bisschen, früher hätte man ein schlechtes Gewissen gesagt, weil die Dagebliebenen nun nochmehr Arbeit haben! Heute nennt man das Notbremse vor dem körperlichen Blackout. Rücken, Knie und Schultern brauchen dringend Schonung. Schlaf übermannt mich, wenn ich irgendwo länger als fünf Minuten sitze, ohne angesprochen zu werden. Ich sterbe, naja vielleicht nicht unmittelbar, aber unzweifelhaft ist der Unterschied meiner Leistungskraft zu, sagen wir, einem dreißig jährigen Menschen deutlich. Bisher gelang es eigentlich ganz gut, die zurückgehende Energie und Schaffenskraft durch Gewitztheit, Organisationen oder schlicht Glück auszugleichen. Aber spätestens, wenn Auftraggeber an Leistungen erinnern, die längst ausgeführt hätten sein sollten, merkt man, dass nicht mehr alles ist, wie es einmal war! Berufliche Priorität hat vorerst das eigene Projekt.

Ich kann und werde das aber nicht jedem auf die Nase binden. Natürlich werde ich weiterhin gerne als dienender Handwerker anderer Leute Probleme lösen, aber eben nicht jetzt. Die Verwerfungen am Markt haben das werkeln auch nicht einfacher gemacht. Baustoffpreise explodieren, ganze Produktlinien gibt es von heute auf morgen gar nicht mehr und planbare, verlässliche Liefertermine sind zum Glücksspiel mutiert. Mitarbeiter sind durch plötzliche Krankheit oder anderen menschlich gemachten Unfug nicht mehr einsetzbar. Und ich selbst kann nicht alles alleine machen, auch wenn das manchmal, aber nicht oft, das simpelste wäre!
Das Blaue Land am nördlichen Alpenrand soll es erstmal, quasi die erste Etappe, sein. Das gelobte Land, der Traum vom Elch. Sehnsuchtsort der Künstler, die sich in der ersten Dekade des zwanzigsten Jahrhunderts zu Anfang als Sommerfrischler, dann dauerhaft rings um den Staffelsee ansiedelten. Geprägt wurde der Begriff von Franz Marc, dessen Lieblingsfarbe, die von etwa einem Drittel der Deutschen war. Blau, wie der Himmel, das Wasser, die Weite. Als künstlerischer Aufbruch aus der Enge, der Natur und der Wahrhaftigkeit zugewandt.

August Macke, Wassili Kandinsky, Gabriele Münter und noch viele andere formten mit den Blauen Reiter eine sich gegenseitig befruchtende lockere Kolonie. Zu den wichtigsten Mitgliedern dieser Gruppe, gibt es den 1. Georgischen Merksatz: „Ist Marc im Klee Münter, kan DIN sky im August eine Macke haben!“ Irgendwie muss man sich ja die ganzen bedeutenden Pinselquäler dieser Epoche merken können.
Vielleicht war es ja auch die Einfachheit des Landlebens in einer natürlichen Umgebung, die Flucht aus verknöcherter Struktur der Stadt, die den Sog auf diese mehr oder weniger jungen Menschen ausübte? Im Sommer toll, im Winter fabelhaft und dazwischen wunderbar. Ich komme seit zwanzig Jahren, mindestens einmal im Jahr hierher und verspüre diesen Sog immernoch, obwohl ich immernoch nicht den Pinsel schwingen kann. Ich genieße diesen unvergleichlichen Blick auf die Berge des Karwendel- und Wettersteingebirges,

das Ettaler Mandl und

die garmischer Berge in denen ich Skifahren lernte. Die genußvolle Kulturlandschaft, gepflegtes Brauchtum der Einheimischen und natürlich auch die Spezialitäten aus Topf, Pfanne und Glas der örtlichen Gastwirte und das Schwimu-Häusel, heimeln doch sehr. Als Erholungsgarant fungiert neben den zahlreichen Aktivitäten in Feld, Wald, Moor, Berg und See letztendlich auch ein Lebensmotto einer der größten Berliner Philosophen der achziger Jahre, H. Juhnke: Glück ist für mich, keine Termine und leicht einen sitzen.





Geiles Abschlusszitat! Muss ich mir merken. Ich wünsche dir gute Erholung, schöne Aussichten und tolles Wetter. Prost amigo