Ein toller Tag bei den Großeltern

Im Sommer einen nicht englischen Garten zum rumstromern zu haben, ist der Traum mancher Helikopterkinder von heute.

Beim Besuch bei den Großeltern in den 70igern, war das für mich der Fall. Die Aktivitäten im Freien der eigentlichen Nutzer zogen sich altersgemäß, den sie waren auch in den 70igern, in Kreisen immer weiter zurück und erstreckten sich zu der damaligen Zeit nur noch auf die wundervolle Terrasse. Der terrasierte Garten, oder das was davon noch nicht verwildert war, war von dort oben hervorragend zu überblicken. Nach dem Mittagessen an einem Sonntag, verbleierten sich die ohnehin alles andere als hektischen Abläufe im Hause. Meine Oma schaffte sich in der Küche, mein Opa zog sich auf sein Zimmer zur Siesta zurück. Meine Mutter lag glaube ich, völlig untypisch im Liegestuhl in der Sonne und mein Vater las die Zeitung. Gefühlte 30 Grad und ein voller Bauch, beflügeln auch nicht gerade. Ich musste irgendwie der Langeweile und der Sonne ausweichen. Und so ging ich auf Expedition ins Ungewisse. Schlug mich durch die Büsche, auf der Suche nach dem ultimativen Abenteuer. Nach und nach, entfernte ich mich von den ausgetretenen Faden der Menschheit, in Richtung ehemaligen Gartenschuppen. Dieser wurde, da nicht mehr mit der Schubkarre oder der gleichen wirklich erreichbar, einfach aufgegeben. Eine Tür gab es nicht mehr und so wohnten dort diverse Tierchen, wenn man den olfaktorischen Hinweisen trauen konnte. Was damals noch nicht ganz so hip war, weil es nicht aus Amerika kam, sondern von mir an jenem Tage dort erfunden wurde, war das "climbing", auf deutsch, klettern. Die alte Holzhütte bot beste Vorraussetzungen dafür, so dachte ich mir. Die ersten Schritte waren ganz leicht. Ruck zuck, befand ich mich mitten auf der Wand, mindestens einen Meter über dem Boden. Irgendwie bekam ich wenig später dann auch den Dachrand zu greifen und zog mich nach oben. Huh, am besten, man steckt sich keine Ziele, dann übertrifft man sich immer! Zuerst lag ich auf dem löchrigem Dach. Reckte meinen Kopf in alle Richtungen. Da die Aussicht unbefriedigend war, versuchte ich aufzustehen. Aus heutiger Sicht, keine gute Idee. Aber was weiß ein 8 jähriger Junge aus der Stadt, schon von Punktlasten und morschen Holz, N I C H T S! Mir nichts dir nichts, machte es unter mir komische Geräusche und ich sauste in Richtung Erde. Genau kapiert wie das ging hab ich nicht, aber auf einmal lag ich im Schuppen auf dem Bauch. Im ersten Moment tat auch gar nichts weh. Als ich mich aufrappeln wollte, wollte ich mich mit den Armen ausstützen, merkte aber schnell, dass irgendwas passiert war. Mein linker Unterarm sah anders aus als sonst und war nicht mehr zu gebrauchen. Langsam verließ ich mein selbstgewähltes Exil und wackelte mit Tränen in den Augen in Richtung Zivilisation. Mein Vater, aufgeschreckt durch undefierbare Geräusche gefolgt von leichtem Kindergejammer, kam mir schon entgegen. Das war's dann mit der Mittagsruhe. Ab ins Krankenhaus. Untersuchung, Röntgen, Elle richten und dann Gips bis zur Schulter. Für sechs Wochen. Es heilte alles prima, aber zu diesem Schuppen hatte ich seit dem ein gestörtes Verhältnis. Dächer im allgemeinen, haben es mir trotz oder gerade deswegen, bis heute angetan.