Ein Schelm, der Böses denkt!

Heute war ich mal wieder ein bisschen arbeiten. Ein wenig Service am Dach. Die Straßen dorthin waren ziemlich leer. Die Fahrt fühlte sich verdammt nach sonnigem Sonntagvormittag an. Das Einfamilienhaus hat ein ungefähr 60 Jahre altes Dach und so gibt es immer mal wieder was zu tun für mich. Ein paar verrutschte Dachziegel richten und Stiele von Silvesterraketen aus der Dachrinne fischen, angeln oder fummeln zum Beispiel. Als die rüstige 86 jährige Hausbesitzerin, die unmittelbar neben mir stand, den verspäteten Neujahrsgruß erkannte, bekamen ihre Augen einen fiebrigen Glanz und ihre Mundwinkel zogen sich unwillkürlich sehr weit nach oben. Im Überschwang erzählte sie mir von ihrer Silvestertradition. Ihre beiden engsten Freunde, beide weit über 90 sind bei ihr zu Besuch. Wir essen und trinken dann gemeinsam und schwatzen wie wild. Sie selber legt dann noch ihre Lieblingsmusik auf, aber nicht mehr wie früher mit Schwoof! Dabei macht sie eine gewagte Hüftbewegung und es drohte ihr, dass das Gleichgewicht verloren geht. Kurz darauf fängt sie sich wieder und bringt mit einer resoluten Bewegung ihr Haupthaar in Ordnung. Nach dem Anstoßen um Mitternacht, schreiten wir dann in den Garten und schauen uns den bunten Himmel über Berlin an. Um halb drei, so führt sie das Gespräch mit mir weiter, werden die Herren dann von den jeweiligen Kindern abgeholt. Diese, sicher selbst schon im Rentenalter, fragen dann was sie die ganze Zeit gemacht hätten. Die drei Betagten schauen sich nur unschuldig an und antworten wie aus einer Kehle: Na tanzen können wir nicht mehr!