top of page

Der Sessel

  • Autorenbild: Georg
    Georg
  • 8. März 2020
  • 2 Min. Lesezeit

Es gibt in manchen Familien, Dinge die man schon öfter gehört hat, deren Wahrheitsgehalt man nicht überprüfen kann, aber die so schön sind, dass man sie glauben möchte. Es war in den ersten Nachkriegsjahren, als meine Großeltern quasi aus dem Nichts, im zerstörten Berlin heimisch werden wollten. Meine Mutter und ihre Schwester waren im einstelligen Alter, die Not war groß und nicht jeden Tag konnte die Familie mit gefüllten Bauch in einer geheizten Wohnung glücklich einschlafen. Entbehrungen und Beschränkungen war man gewöhnt und so war man froh, die Kriegswirren zumindest körperlich unbeschadet überstanden zu haben. Meine Oma führte den übersichtlichen Haushalt mit strenger Planung, einfallsreichen Improvisationen und weiser Voraussicht. Lebensmittelmarken und alle erdenklichen Handelsgüter wurden normalerweise bedarfsgerecht verwendet. So wurde eines Samstags, mein damals in den besten Jahren befindlicher Großvater, mit Bezugsmarken, geringfügiger Barschsaft und einigen Tauschgütern los geschickt, um dringend benötigte Dinge des täglichen Bedarfs zu organisieren. Was sich dann im Detail abspielte, ist leider nicht mehr überliefert. Die drei daheim wartenden weiblichen Wesen sahen am Ende des Tages ein merkwürdiges Bild. Im Halbdunkel wackelte auf dem Bürgersteig ein unförmiger Riese in Richtung Hauseingang. Es war der Mann und Vater, welcher schwer beladen, aber nicht unglücklich nach Hause kam. Auf seinem Kopf hatte er verkehrt herum einen Sessel. Einen großen und bequemen Vertreter seiner Art.

ree

Endlich in der Wohnung angekommen, stellte er diesen vorsichtig in das Wohnzimmer. Ungläubig machten es sich die beiden Kinder auf ihm bequem. Das unmittelbar anschließend stattfindene Donnerwetter meiner Großmutter, kann sich jeder vorstellen. Denn es wurden weder die benötigten Lebensmittel besorgt, noch war nennbares von den ohnehin spärlichen Reichtümern für deren Beschaffung übrig. Heute, fast fünfundsiebzig Jahre später, freue ich mich fast täglich darüber, dass mein Opa damals seine Bedürfnisse und die Wertigkeit von Anschaffungen im Allgemeinen, anders einschätzte, als seine Frau.

 
 
 

Kommentare

Mit 0 von 5 Sternen bewertet.
Noch keine Ratings

Rating hinzufügen

In die Mailingliste eintragen

  • Google+ - Black Circle
  • Facebook Black Round
  • Twitter Black Round

© 2019 by Planet Georg Blog

Proudly created with Wix.com

Impressum

Impressum dieser Website erstellt über den Generator der Deutschen Anwaltshotline AG

Angaben gem. § 5 TMG

Betreiber und Kontakt:
Georg Bähler

Thulestraße 67
13189 Berlin

Telefonnummer: 01772980897
E-Mail-Adresse: g.baehler@gmx.de

Verantwortlicher für journalistisch-redaktionelle Inhalte gem. § 55 II RstV:
Georg Bähler Thulestr. 67 13189 Berlin

Bilder und Grafiken:
Angaben der Quelle für verwendetes Bilder- und Grafikmaterial:
Georg Bähler, Wix.com

Online-Streitbeilegung gemäß Art. 14 Abs. 1 ODR-VO
Die Europäische Kommission stellt eine Plattform zur Online-Streitbeilegung (OS) bereit, die Sie unter http://ec.europa.eu/consumers/odr/ finden.

Tel: 0815 4711

bottom of page