Brigitte und die tierischen Instinkte
- Georg

- 27. Jan. 2021
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 29. Jan. 2021
5
In der zweiten Etage vor den Bürotüren der Schneiders, überlegt Brigitte welchen sie sich zuerst vorknöpfen wird.
„Fred, du bleibst hier stehen und verhinderst wirksam, dass der Herr Doktor Schneider hier raus kommt.“
„Mit allen polizeilichen Mitteln?“ fragt er zurück.
„Mit angemessenen polizeilichen Mitteln“ konkretisiert Brigitte ihre Anweisung und verschwindet ohne anzuklopfen in die Schneiderstube ohne Doktor.
Vom Schreibtisch schaut ein verstörtes Gesicht in Richtung Tür.
„Frau Hartling, haben sie etwas vergessen?“
„Herr Schneider, haben Sie etwas vergessen?“
„Ich, nein wieso?“
„Zum Beispiel mir zu sagen, dass sie am Tag des Ablebens einer ihrer Pfleger im Nashorngehege, ein riesengroßes Remmidemmi im Zoo los war, Tag des Nashorns, weltweit!“
„Ach, wussten sie das gar nicht, naja ich dachte, das täte nix zur Sache beitragen. Sie haben es ja auch so raus bekommen.“
"Und dann ist meinem aufmerksamen Kollegen aufgefallen, dass die Besuchergruppe aus Asien, mit der Golfkarre, zwar vor und nach dem Gehege gefilmt wurde, aber nicht am Gehege! Wo sind diese Aufnahmen?“
„Die gesamten Aufnahmen vom 22.09. haben wir nun vorschriftsgerecht alle überspielt und sind damit gelöscht!“
„Das waren unwiderbringliche Aufnahmen“ schäumte Brigitte. “Gut, dass wir wenigstens die Kopien an unseren Zentralrechner geschickt haben.
Herr Schneider, bis auf weiteres nehme ich Sie gleich mit in Fromms Welt. Da haben Sie dann die Möglichkeit, mir die Wahrheit und nur die Wahrheit mit zu teilen.
Der Kollege wartet mit Ihnen hier, bis ich mit ihrem Chef gesprochen habe!“ Sie drückt die Tür auf und winkt Fred herein.
Dann geht sie in die andere Schneiderstube, in der ein heftiges Akten gewälz und vernichten vonstatten geht.
„Guten Tag Frau Hartling“ tönt es hinter dem Papierberg hervor. Ohne Umschweife und fast als hätte Brigitte ihre Kinderstube verloren, flitzt sie zum Reißwolf und zieht den Stecker aus der Steckdose.
„Hier, mein lieber Doktor, wird gar nichts mehr vernichtet!
Ich weiß noch nicht ganz genau was hier gespielt wird, aber ich bin sicher, nach dem Studium der Akten, werde ich genug Details finden, um alle Schlüsse zu ziehen" Vom Flur her, nähern sich im Laufschritt scheinbar einige wild schreiende Menschen. Ruhig und besonnen greift Brigitte zur Dienstwaffe. Als sie die Stimme ihres Lieblingskollegen identifiziert, entspannt sie sich wieder und geht mechanisch zu Doktor Schneider um den Tisch herum. „Bitte folgen Sie uns.“ Als Peter seine Nase ins Büro steckt, stößt er fast mit Brigitte zusammen. „ Später“ verkündet sie geistesgegenwärtig und bittet nun auch den anderen Herrn Schneider, nebst Fred mit zu kommen.
„Für euch sind die beiden Büros zu Untersuchung frei gegeben. Bitte auf Unregelmäßigkeiten, Geldsorgen oder Rechtsverstöße, Artenschutz und Co. untersuchen. Ruft mich an, wenn ihr etwas findet!“ beauftragt sie das Peterteam im gehen.
In den Verhören zeigen sich die beiden Schneider als Männer, die sich für den Zoo einsetzen und die legalen Grenzen ihres Tuns auch eigenwillig verschieben, jeder auf seiner Position.
Peter unterrichtet seine „Kollegin“ über den Sachstand in den Zoobüros. “Beim Doktor war der Computer noch an und er war in alle Unterkonten der Bank und seines Mailservers eingeloggt."
So konnten die Beamten alle Mails und das Webverhalten des allseits bekannten und beliebten „Tierliebhabers“ fast ein Jahr zurück verfolgen.
Das verriet Peter in einem Telefonat mit der blonden Herz Dame, welche auf laut für alle zum mithören gestellt hatte. "Du glaubst gar nicht was ich hier lesen muss! Ich hab alles gesichert und ...“
„Gut, Peter," fällt Brigitte, ehe es persönlich wird, ihm ins Wort, "Herr Doktor Schneider hat alles mitgehört und hat nun Schaum vor dem Mund! Ich lasse diese Informationen erst mal bei den Schneiders sacken!" Ihre Erfahrung sagte ihr, dass dieser Ermittlungsstand normaler Weise reichen sollte, um einen nicht enden wollenden Redefluss bei jedem Verdächtigen auszulösen.

Nun, nach fünf Minuten Bedenkpause und einem kleinen scheußlichem Automatenkaffee, sprudelte jede nötige Information und der Doktor erleichterte sein Herz, falls er so etwas gehabt hätte.
Doktor Schneider hatte, um die chronisch klamme Situation des Zoos zu beenden, Kontakt zur Potenzmafia Singapurs geknüpft. Und der andere Schneider sollte dann alles Bewerkstelligen. Leider haben die Schneiders die Gewissenhaftigkeit und Sorgfalt von Pfleger Barr unterschätzt. Der Schneider ohne Titel, plauderte nun auch, als würde er mit seinen Freunden am Stammtisch sitzen.
„Kimba sollte einfach über Nacht nicht im Haus eingesperrt werden, sodass die Hornjäger freie Hand gehabt hätten. Um keine blöden Zeugen zu haben, war das Baumhaus, welches sonst übers Jahr hinweg komplett ausgebucht ist, auch nicht vermietet.
Nun, war es wohl so verabredet, dass nur das Horn geraubt werden sollte und Kimba nur betäubt werden sollte. Aber machen sie mal ein Vertrag mit Verbrechern, die halten sich an gar nichts. Von wegen Ehrenkodex! Nachdem alle Besucher gegangen waren und wir schon lange geschlossen hatten, war der Barr immernoch da, wer konnte damit rechnen, dass dort so viel aufzuräumen war. Vielleicht hätten wir nicht ausgerechnet den Tag des Nashorns aussuchen sollen. Kimba war noch draußen und als die Hornjäger Barr sahen, machten sie nicht auf das Horn jagt, sondern auf Barr, der offensichtlich Alarm schlagen wollte. Kimba stellte sich in die Schussbahn, wurde getroffen und fiel um wie ein Stein.
Unglücklicherweise klemmte es den armen Barr tödlich ein. Ich drohte mit der Polizei und verjagte dann die Burschen, von mir aus dahin, von wo sie kamen. Für den Hornraub gab es nun keine Zeit mehr.
Ein totales Versagen der Partner und eine unglückliche Verkettung der Umstände, nur noch Amateure auf dem Markt, alles muss man alleine machen.
Unser Zoo hätte nur für das kleine Horn zweieinhalb Millionen Euro bekommen, von dem Großen ganz zu schweigen. Die finanziellen Mittel hätten wir gut gebrauchen können. Der Doktor hätte die Einnahmen gut verschleiert. Genau so wie er es immer getan hat, wenn hier mal eine Schlange oder da ein kleines seltenes Äffchen veräußert wurden!
Und jetzt sag ich gar nichts mehr.“
Brigitte sagte „Für diesen Fall ist es auch nicht mehr nötig. Was mit all den Informationen geschieht, die wir aus den Unterlagen der Büros erlangen, werden wir ja noch sehen. Abführen bitte, alle beide!“
Sie griff zum Telefon und drückte auf Wahlwiederholung, nicht ohne an die Doppeldeutigkeit zu denken.
„Ok Peter, sagt deinen Mannen, die mögen alles verschließen und sich dann für heute schleichen! Wenn ich in einer halben Stunde vor dem Gehege stehe, will ich nur noch dich sehen!“
Bewaffnet mit dem Schlüssel zum Baumhaus, trat Brigitte Peter gegenüber. Der entblößte schüchtern eine Flasche Rosésekt. „Happy Birthday, Brigitte, Gläser, finden wir neben dem Bett!“




Kommentare