Brigitte und die eingebildete Bildung

2 Brigitte ist schon jetzt sauer. Egal was bis hierher passiert ist. „Bitte gehen sie alle dort drüben hin und zertrampeln sie nicht alle möglichen Spuren!“ Brigitte zeigt auf die Ecke der Turnhalle, möglichst weit weg von der Menschenmarkierung. Hier in der Strafecke, nimmt sie den Versuch den Vorgang zu ergründen wieder auf. Herr Paulsen, was ist hier, eh, dort geschehen?“ „Das weiß von uns, der Sportlehrer, Herr Torp, am besten, der ist grade eine rauchen und ist gleich wieder da!“ Bei Brigitte beginnt sich der Groll gegen Sportlehrer im allgemeinen, zu verdoppeln. Da geht die Tür zum Vorraum auf und der Herr in ausgebeulten Sportanzug schlürft mit fehlender Körperspannung über das Parkett. Endlich in der Strafecke angekommen, erhebt Brigitte die Frage an ihn, „Herr Torp, was ist hier passiert?“ „Na die klene Maurin is jefallen und kam nich wieda hoch!“ „Und das ist nun ein Fall für die Polizei?“ „Na, nich von mir aus! Die hat dem Sanitäter irjendwat von schubsen und Jodowurf jeflüstert. Der Sani hat dann mit dem Direktor jequatscht, Wenn se mich fragen, eindeutig rumjezicke!“ „Wer ist -die klene Maurin-?“ „Das ist unser weiblicher Maurerlehrling!“ grätschte nun Direktor Paulsen wieder in das Gespräch zurück. „Hat sie auch einen Namen, oder werden die jungen Frauen mit Nummern bezeichnet?“ „Natürlich, Sahrah Basir, zweites Lehrjahr Maurer und Betonbauer.“ „Gut oder nicht gut, ich sperre die Halle bis unsere kriminaltechnische Untersuchung beendet ist.“ „Wat?“ entfuhr es Herrn Torp. „Ja, bis zur Klärung, was hier geschehen ist, ist hier zu! Bitte verlassen sie die Halle und verschließen sie diese, bis der Herr Nordmann, Peter Nordmann und sein Team anwesend sein wird!“ „Weiß jemand, wohin Sarah Basir gebracht wurde?“ fragt sie laut, leise rasseln viele andere Fragen runter. Wie alt ist Fräulein Basir? Wie geht es ihr und ist sie ansprechbar? Müssen Eltern oder sonst wer verständigt werden?… „Meine Herren, wir werden das Gespräch mit Herrn Torp und am Besten einen ...Klassenlehrer?!?... in dem Direktorenzimmer fortsetzen um alle Hintergründe über Frau Basir zu ermitteln.“ „Das scheint mir auch das Beste zu sein. Ich bin der Bezugslehrer, so heißt das hier, für die Maurerklasse in der Sarah ist, Schlei, mein Name.“ äußert sich nun ein unscheinbarerer Herr im shabby chic, eines allein lebenden Mannes jenseits der Fünfzig. „Auf geht´s, meine Herren!“ Im gehen telefoniert Brigitte mit der Laborratte und gibt ihm alle nötigen Informationen, dass er seinen Job so gut als möglich erledigen kann. Brigitte lässt alle Liebkosungen, welche sich im Laufe der Zeit in die Telefonate mit Peter gemischt haben, weg. Das ist ein untrügliches Zeichen, dass es ihr ernst ist. Als der Trupp am Vorzimmerlöwen, Frau Schulze, vorbeirollt, stoßen ihre Augäpfel fast an den Brillengläsern an. So ein benehmen, grenzt für sie an eine Entmachtung, Revolution und Aufstand. Völlig ohne Informationen missachtet zu werden, entspricht nicht den gewohnten Gang an der Bildungseinrichtung. Innerlich schwört sie sich auf eine wildes, gnadenloses Comeback ein! Das die Tür zum Direktorenzimmer kommentarlos und resolut von Frauenhand geschlossen wird, setzt dem Tun die Krone auf. Allen Schulangehörigen im Zimmer wird ein wenig schwummrig im Gemüt, denn sie scheinen zu wissen, was jetzt grade im Vorzimmer falsch lief. Brigitte bekommt von dieser Stimmung im Raum, überhaupt nichts mit. „Also meine Herren, bitte legen Sie los: Alter, Staatsangehörigkeit, Wohnort, Ausbildungsbetrieb, Klassenbuch, Zensurenspiegel,Schulakte Kontakte zu den Mitlehrlingen...und und alles, wirklich alles, was ich wissen sollte. Gewöhnlicher weise kommt sowieso alles raus, also kann ich es auch gleich wissen!“ Die drei Herren haben, da sie im Vorzimmer ohnehin ihre Meisterin sitzen haben, kein Problem damit, von einer gestandenen Frau ordentlich Bescheid zu bekommen. Brigitte hat scheinbar den richtigen Ton getroffen, denn nun waren die drei Herren handzahm und gaben jedes bekannte Detail über Sarah Basir zum Besten. Zwischendurch telefonierte sie mit dem Krankenhaus, zu dem Sarah gebracht wurde und kündigte ihr späteres erscheinen an. Vorerst hatte sie alle Mühe, sich die Detailfülle der Informationen zu merken, die das Dreigestirn ausplauderten. Im nächsten Leben lernt sie Steno, verspricht sie sich, wie schon so oft. Nach eineinhalb Stunden verließen alle das Direktorenzimmer. Wobei sich selbst der Schulleiter vorkam, als hätte er den Termin bei seinem eigenen Direktor gehabt und nur knapp überlebt. Als Brigitte wieder vor der Schule stand, konnte sie den weißen Transporter des Spurenteams, sowie an Marsmenschen erinnernde Typen in Vollschutzanzügen vor der Sporthalle sehen. Sie setzte sich in den Corolla und verschnaufte. Erst als sie wieder alles in Ordnung gebracht hatte in ihrem Kopf, startet sie 25 Minuten später den Wagen und fährt zum Krankenhaus. Eilig hat sie es ohnehin nicht, denn die Informationen zum Zustand Sarahs waren leider so, dass es nicht von entscheidender Bedeutung war, wann Sie sich neben die schlafende junge Frau stellte. Sie muss mit dem Sanitäter sprechen. Und mit Sarah. Was hat sie mit schubsen gemeint und was hat es mit Judo auf sich?