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Brigitte macht Urlaub

  • Autorenbild: Georg
    Georg
  • 20. Feb. 2021
  • 3 Min. Lesezeit

3. Verzweiflung


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„Watt´n nu?“ fragte Brigitte mehr zu sich selbst, als zu jemand anderen und trabte mechanisch zu dem Punkt im Schiff zurück, an dem sie eigentlich platznehmen wollten. Warten, befahl sie sich!

Aber auf was? Hat er sich verlaufen, oder ist er von Bord gegangen als es noch möglich war? Brigitte lässt den Blick durch die Räumlichkeit schweifen.

Die zeitlose unauffällige Gestaltung der Inneneinrichtung, trägt offenkundig zur Möglichkeit der Verwechslung bei. Kein Mensch, der nicht das perfide System der Zuordnung der Etagen, Zonen und Bereiche zu entsprechenden Farben selbst erfunden hat, wird es je verstehen.

Brigitte versucht schon eine halbe Stunde vor einem „Deckplan“ zu verstehen, nach welchen Gesichtspunkten diese Zuordnung stattgefunden hat.

Wäre auf diesem Plan kein großes rotes Fähnchen, sie hätte den eigenen Standpunkt nicht gefunden.

Treppenhäuser gibt es vier, Toiletten gibt es geschlechtergetrennt auf jeder Etage an jedem Treppenhaus, zwei davon Behindertengerecht, Aufzüge nur an zwei Treppenhäusern, Bordrestaurants gibt es insgesamt drei, Souvenirshops nur zwei, drei nach Themen benannte Bars, dazu noch einen Frisör, ein Kosmetiksalon, eine großräumige Kinderbespaßung, den Küchenbereich, vier Parkdecks, diverse Außenkabinen der Kategorien 1 bis 3, Innenkabinen der Kategorien 3- 6, Sporträume, Mannschaftsbereiche, alles war verzeichnet auf diesem Plan.

Nur der Peter tauchte nicht auf. Brigitte wünschte sich, der Peter wäre eine kleine gelbe Lampe auf dem Plan und man könnte die blinkende Lampe irgendwo auf diesem Deckplan finden, so ähnlich wie bei Pac-Man, einem der ersten Videospiele in den Achziger Jahren.

Wenn nicht Brigitte ihren Mitreisenden suchen würde, wäre es fast lustig. Bei den Datenmengen, welche nun in ihrem Hirn rumsausen, kommt sie sich vor wie bei einem Intelligenztest oder dem Gesellschaftsspiel „Black Stories“. Nun fehlt nur noch die 100tausend-Euro-Quizfrage nach dem reziproken Ergebnis aus Gewicht und dem Alter der vermissten Person! Brigitte ist nicht in der Lage einen klaren Gedanken zu artikulieren. Sofort fallen ihr solche entbährlichen Fakten ein, wie den Freitod von Daniel Kübelböck über die Reling eines Kreuzfahrschiffes oder die Bilder im Kopf, als im Film TITANIC, Menschen in Verzweiflung in das tosende Meer sprangen.

All das muss sie ausblenden und in den Berufsmodus fallen. „Erst mal einen Kaffee, wo war der Verkaufswagen?“ fragt sie sich halblaut.

Den lauwarmen Pappbecher noch in der der Hand, schildert sie den Vorfall am Informationsstand, welcher großspurig Rezeption heißt.

Eine freundliche Frau hinter der Glasscheibe versucht zu beruhigen und abzuwiegeln. Brigitte ist betont diplomatisch, aber in der Sache extrem unnachgiebig. Die Dame am Schalter hebt das Telefon ab und verständigt irgendjemanden auf der anderen Seite der Leitung.

Eine Minute später, tritt ein geschniegelter Mann, Ende fünfzig mit Vollbart und Paradeuniform neben Brigitte. In fast akzentfreiem Bass beginnt er das Gespräch. „Frau Hartling, ich bin der erste Offizier des Schiffes, Nazar Valujev und es tut mir leid zu hören, dass Sie ein Problem haben. Bitte folgen Sie mir in einen Nebenraum, um alles in Ruhe zu besprechen.“ Ohne auch nur einen Augenblick auf Brigittes Reaktion zu warten drückt er an der Wand eine unsichtbare Klinke und ein Besprechungszimmer kommt zum Vorschein.

„Kaffee, Frau Hartling?“ Und bevor sie antworten kann, steht schon eine randvolle schwarze dampfende und köstlich duftende Tasse auf einem passenden Unterteller vor dem leicht schräg wartendem Stuhl.

„Was ist passiert?“ will jetzt Valujev von Brigitte wissen.

Die Schilderung der Geschehnisse waren schnell erledigt. Irgendwie schaffte es Brigitte den Fakt, dass sie sich eigentlich auf einer Urlaubsreise befindet, zu verheimlichen. Wie nebenbei ließ sie ihren Dienstausweis auf den Tischfallen, als sie ein Taschentuch in ihrer Tasche suchte. Sie baute, um die Dringlichkeit ihres Anliegens zu verdeutlichen, den Grund für ihre Reise aus ihrem beruflichen Umfeld auf und der verschwundene Kollege ist ein Kollege, und nichts weiter.

Die kleine Lüge, verfehlte ihre Wirkung nicht. Valujev runzelte die Stirn, hob die Augenbrauen und es hatte den Anschein, seine Offiziersmütze bedeckt bald 90 Prozent seiner Gesichtsfläche. „Vielleicht, Frau Hartling, können wir auf dem kleinen Dienstweg helfen. In unserem Kontrollzentrum zeichnen wir alle Bewegungen auf dem Schiff, auf. Bitte folgen Sie mir dorthin. Normalerweise bräuchten wir einen richterlichen Beschluss zur Sichtung, aber ich bin sicher, dass wir schnell helfen können.“

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