Brigitte am Wasser
- Georg

- 22. Jan. 2021
- 3 Min. Lesezeit
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"Was ist eigentlich mit der homophoben Gewaltbereitschaft in unserer Stadt?" warf das Kücken, Polizeianwärter Fred Muller bei der morgendlichen Sitzung am runden Tisch ein. Muller war eigendlich das Beste was der Abteilung passiert ist, im letzten Jahr. Pfiffiger Nachwuchs, nur das er wie Müller nur ohne Pünktchen heißt, macht es ein wenig hackelig.
"Keine Aktivitäten feststellbar in den letzten drei Jahren und also aktuell faktisch ausgestorben. Mal eine gute Nachricht, wenn etwas ausstirbt!" kam jetzt von Fromm höchst persönlich.
"Also noch mal weitermachen und alle raus jetzt!"
Und mit einer routinierten Handbewegung wischte er sinnbildlich durch die Luft. Brigitte fuhr nochmals zum Tatort, was sollte sie auch sonst machen? Auf dem Denkplatz hinter dem Lenkrad, kaute sie Kaugummi und den Fall noch einmal durch. Wie im Trance sah sie sich durch die schmuddelige Frontscheibe die Gegend an. Frauen mit Kinderwagen, Jogger in hautengen Überzügen, welche nicht immer die eine oder andere Problemzone vorteilhaft kaschieren konnten. Teenager mit Hunden, Rentner Hand in Hand und ein knallbunter Kerl am Ufer. Beng, Boom, Alarm macht es kurz hinter ihren Augen und je weiter diese optische Information verarbeitet wurde, desto mehr kam Brigitte zu der Überzeugung, dass das gar nicht hierher passt und somit ein, ja vielleicht, der ersehnte Hinweis ist!
"Was hat er in der Hand?" Brigitte macht schnell ein Foto und vergrößert es auf dem Display. Eine rote Rose! Als er sich hinkniet und sie exakt an der Leichenfundstelle schön drapieren möchte, steigt Brigitte wie ferngesteuert aus und schließt lautlos die Tür. Aus der Alexandrienenstraße Nr.9 kommt Ludmilla gelaufen und tippt iBrigitte von hinten auf die Schulter. "Das ist Maikel, ein Freund von Papa, also d-e-r Freund!"
Brigitte eilt nun mit unhörbaren Schritten, fast schwebend, über die Wiese. Eine Hand an der Schusswaffe, die andere an dem Fluch und Segen der Neuzeit. Fernmündlich fordert sie Verstärkung an.
Maikel, 1,95 m , Ende 20 und ungefähr 100 Kilo purer Sex in Menschengestalt, dreht sich mit verheultem Gesicht zu Brigitte, als von ihren Schritten die Erde bebte! "Halt hockenbleiben!" ruft Brigitte. Muskelmaikel macht keine Anstalten von Flucht, er hockt und heult!
"Hartling, Polizei Schwerin, ich habe einige Fragen an Sie." Jetzt steht er langsam auf. Die beeindruckende Gestalt, präsentiert sich als butterweiche beherrschbare Masse und schluchzt herzerweichend ein "von mir aus, es ist doch eh alles aus!" Die Kollegen von der Verstärkung nehmen Maikel in Empfang und mit zur Dienststelle.
Brigitte ist irritiert darüber, wie gleichmütig Maikel alles über sich ergehen lässt.
Es gestalltet sich eine Befragung, die ihren Namen nicht verdient hat. Es sprudelt einfach alles aus Maikel raus. Für ihn war Klas Merow die große Liebe! Aber als er ihn mit dem kleinen Mann auf der Wiese sah, gingen Maikel die Sicherungen durch. Er schubste Klas ins Wasser, war außer sich vor Wut.
"Ich wollte mit ihm reden, aber Klas holte so einen Elektroschocker aus der Tasche und drohte mir. Mir war alles egal, wenn schon Schocktot, dann gemeinsam, dachte ich. Ich wollte mich auf ihn stützen, damit wir beide eng umschlungen sterben, da machte es auch schon in seiner Hand zisch, knall, Blitz und Donner und er kippte zur Seite. Sein ganzer Körper war verkrampft und zitterte nun Minuten lang. Ich machte mich aus dem Wasser, ehe so etwas auch mit mir passiert, ich habe doch so doll Angst."

"Dann haben sie ihn nicht getötet?"
"Ich? Nein! Ich habe ihn nicht mal berührt. Leider!"
"Wenn ihre Version der Geschichte stimmt, war es ein Unfall und sie können gleich wieder gehen! Möchten sie etwas trinken?"
"Ja, bitte ein Kamillentee, das bringt mich immer runter!"
"Muller, bitte übernimm das mal!"
Brigitte rief im Labor an und prüfte mit Peter, ob ein E-Schocker zu den Verletzungen passen könnte. Peter war absolut dieser Meinung, es passte exakt für die Handhaltung. Handy, Rasierapparat oder eben E-Schocker. Auch die Verletzung und Zeichen auf der Leiche, lassen fast keine andere Möglichkeit zu.
"Das hätte ich mir nicht ausdenken können!" pflichtet Peter nun Maikel bei.
"Ich denke wir lassen es dabei und schließen den Fall als Unfall ab. Dann muss Frau Merow sich nun doch noch mal um ihren Mann kümmern.
Maikel kann Abschied nehmen und Univ ist dauerhaft aus dem Verkehr gezogen, was für eine Doppeldeutigkeit! Ein Gewinn für alle!
Als Brigitte die Silhouette von Maikel sah, als er gegen das Licht, athletisch gen Ausgang aus der Etage schritt, bekamen ihre Augen so einen weichen Teint und es kam ihr wieder in den Sinn, im Labor anzurufen!
Doch vorerst kehrte sie zu ihrem Schreibtisch zurück und sinnierte laut: Klappe zu, Merow Tod!




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