B uizE
- Georg

- 19. Sept. 2022
- 3 Min. Lesezeit
Der Montag fing regnerisch an. Nur noch die Ältesten werden sich erinnern können, was das ist! Brigitte musste sehr tief in ihren Schrank tauchen, um den Ostfriesennerz griffbereit zu machen.

Um halb neun ist dann Lagebesprechung mit allen aus der Abteilung. Irgendwie gab es am Wochenende in der Landeshauptstadt jede Menge mitteilungsbedürftige Ereignisse, welche von der Polizei zu bearbeiten waren. Zwei Unfälle mit Personenschäden, drei Einbrüche in Kleingärten und einen Brand in einer Lagerhalle. Alles im allen, ein Stino-WE! Gottseidank für alle. Nur Frau Kriminalkommissarin Hartling durfte sich mit dem nicht genannten Kollegen aus der KTU im Erdgeschoss auszeichnen. Sie erfuhr, dass Diefhmer Fromm,seines Zeichen ihr eigener Chef und das Rostocker Pendant überein gekommen sind, diesen Vorfall weiterhin ausnahmsweise von Brigitte bearbeiten zulassen, wenn er zeitlich innerhalb einer Woche abgeschlossen ist. In Ermangelung von Kapitalverbrechen in Schwerin, kann man sich diese kollegiale Unterstützung leisten. Schön, dass Diethmer Fromm das so sieht! Es wäre ja auch wirklich mit Kanonen auf Spatzen geschossen, wenn sie diesen, nennen wir es leicht hochgestochen, Fall,noch einem anderen Kollegen übergeben müsste. Am Schreibtisch angekommen, checkt sie ernstlich ihr elektronisches Postfach und stürzt sich auf die Mails aus Rövershagen. Drei Mails mit Zugangsdaten für den Erdbeeren-Server. Da Brigitte kein Digitalnativ ist, bittet sie in der KTU, einen Fachmann nach oben zu schicken.
Als kurz darauf Peter seinen Kopf in das Großraumbüro steckt, grinst Brigitte im Kreis. Mit ein paar geübten Bewegungen der Maus und Peters fliegenden Fingern über der Tastatur öffnen sich auf dem Bildschirm Tabellen und Lageplan des Erdbeerhofes. Ruckzuck sind nur noch die relevanten Kameraaufzeichnugen zu sehen. Es spielen sich nun Szenen ab, die mit der Beschreibung von Herrn Prischiktz passen. Leider sind die Jugendlichen nicht klar zu erkennen, da sie alle Arbeitskleidung von Karls tragen und zusätzlich alberne Filzhüte mit Riesenkrempen aus dem Souvenirshop auf den Köpfen haben.
„Ok, ich fahre jetzt nochmal dahin“, sagt sie zu Peter, der begeistert Brigittes zuckersüßen Erdbeermund bestaunt. „Von unterwegs mache ich mir noch ein paarTermine mit dem Larsen und der Personalabteilung. Kümmerst du dich bitte um das verbeulte Irgendwas, das sollte ja schon auf der Hebebühne sein!“
Allein in ihrem Corolla
auf der A 20 in Richtung Rostock denkt Brigitte über den Fragebogen nach den sie Larsen und auch Prischiktz präsentieren wird nach, denn Jenigen wird sie sich gleich als ersten verknüpfen. Irgendwann macht sie das Radio an und hört passend „Radio brennt“ von Die Ärzte,
Jedes Mal wenn ich bei dir bin
Schaltest Du das Radio ein
Immer dann wenn ich dich küssen will
Lasse ich es lieber sein
Sie spielen überall das Selbe
Falcos neue LP
Ich hör Madonna und Chris de Burgh
Nur die Ärzte hör ich nie…….
Und schon ist die japanische Antwort auf den Golf auf den Parkplatz mit olympischen Ausmaßen vor dem optisch aufgewerteten Plattenbau in mitten Lütten Klein gerollt. Kurz vor elf, sehr preußisch, steigt Brigitte aus und bahnt sich den Weg zum Haus mit der Nummer 13. Es regnet Hunde und Katzen. Der gelbe Regenmantel tat was er sollte und verhinderte mit tief ins Gesicht gezogener Oversize-Kapuze, dass der Schweigemarsch vom Abstellort des Wagens zur Haustür für Brigitte zum unfreiwilligen öffentlichen Duscherlebnis wurde. Herr Prischiktz betätigte den Summer der Tür fast zeitgleich mit dem drücken des Klingelknopfs, „Er hat also hinter der Gardine auf mich gewartet. Gut so“
Die Wohnung macht einen aufgeräumten aber seelenlosen Eindruck, so seelenlos austauschbar wie das gesamte Wohngebiet. Brigitte meint nicht ganz ernst gemeint aber auch nicht unbegründet, dass Lütten Klein in Berlin Marzahn,in Frankfurt(Oder) Neuberesinchen, in Halle Neustadt und in Jena Lobeda heißt, nur eben in gering abweichenden Ausmaßen. Egal, dankend lehnt sie Kaffee ab und befragt nun ihr erstes Opfer des Tages. Mit hochroten Ohren und hektischen Bewegungen beantwortet Herr Prischiktz fast abwehrend alle nur erdenklichen Fragen zu dem Vorfall. Dabei kommt nun raus, dass er eigentlich ein ganz normaler Besucher des Erlebnis-Dorfes war, aber im Café zwei Kaffee zu viel getrunken hatte ohne die Toilette aufzusuchen. Als er dann bereits auf dem Parkplatz stand und der Harndrang mächtig wurde, hätte er meilenweit zum Klo zurücklaufen müssen.
So fuhr er weit nach hinten und parkte da ein zweites Mal, weil er dort, einen auf die kleinen Jungen machte, welche wildpinkeln zelebrieren. So kauerte er sich vor den Wagen und erleichterte sich mit dem Auto als Blickschutz. Er war fast fertig, als unweit des gelblichen Rinnsals sich plötzlich und unerwartet der Zaun zum Erdbeerhof öffnete und die Gruppe Jugendliche auf den Parkplatz traten. „Und den Rest kennen Sie schon“ sagte der peinlich erregte Mann. „Gut, für den Augenblick ist das alles, ich melde mich, wenn es Neuigkeiten zu ihrem Auto gibt. Haben sie eine Vandalismusversicherung?“ Prischiktz schüttelte den Kopf und fragte
„Für einen zwölfjährigen Fiesta?“




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