Abschied von 2020
- Georg

- 26. Nov. 2020
- 3 Min. Lesezeit
Ich sage traditionell schon mal zum ersten Adventswochende des laufenden Jahres: Tschüss, Bye, Servus, Tschöh, Hau rein, weil ich, der sonst, wenn es drauf ankommt und ich mir den Sinn erschlossen habe, sehr geduldig sein kann (böse Zungen werden es bestreiten), es satt habe, dieses Jahr! Es ist meine Sicht, eine sehr europäische Sicht der Dinge. Aus der georgischen Brille, so zu sagen. Ich denke dabei nicht an die vielen weltweiten Ungerechtigkeiten, nicht an die Sorgen derer, die es nicht so bequem haben wie wir. Nicht an die kleinen afghanischen Mädchen, welche nicht zur Schule dürfen und somit einer selbstgewählten Zukunft beraubt werden. An das Leid der jungen Frauen in muslimischen Ländern, die aus welchen debielen patriachischen Gründen auch immer, genital verstümmelt werden! Nicht an die Menschen in Lateinamerika, die nach einem Wirbelsturm kein zu Hause mehr haben! An die Opfer von Terror und Gewalt in fernen Ländern und bei uns um die Ecke und auch nicht an die hochwasservertriebenen Menschen in Asien! Oder doch, ich denke natürlich an all das Elend in dieser Welt! Und ich bin voller Demut, dass es mir so gut geht!
In diesem Jahr gab es viel Abschied von liebgewonnen gewohnten Dingen, von Normalität, vom spontanen Bad in der Menge, von fröhlichen ungezwungen Zusammenkünften, von Club- und Kneipenbesuchen, Ausstellungen, Museen, Kinos, Konzerten und Theater, gemeinschaftlichem Sporteln,....., Urlaub mit verreisen! Mal ehrlich, außer diesen oder jenen Dingen, die man sowieso unter normalen Umständen nur in singulären Fällen gemacht hat, weil man im Hamsterrad des Lebens eingesperrt ist, muss ich sagen, dass es noch wesentlich schlechter hätte laufen können, in unserer unmittelbaren Umgebung in diesem Jahr. Meine robuste Gesundheit verzieh mir bisher meinen sorglosen Lebenswandel. Auf Vieren und Bakterien scheine ich auch nicht als Magnet zu wirken, bisher! Wenn der temporäre Verzicht auf normales Leben, die Währung ist in der gezahlt werden muss um in absehbarer Zukunft wieder die Vorzüge unserer freiheitlichen Gesellschaftsordnung zu genießen, dann lass ich es nicht abbuchen, stottere in Raten ab oder lass anschreiben, sondern zahle gerne und sofort, in bar! Auch wenn bezahlen nie wirklich lustig ist. Viele Leute sagen es laut, dass nicht alles perfekt ist in unserem Land. Soweit stimme ich zu. Defacto, möchte ich aber in keinem anderen Land dieser Welt leben. Insgesamt kommt Deutschland ziemlich glimpflich durch diese weltweite Kriese. Auch wenn mir bei den Zahlen die grade in Geld als Geschenke für diese oder jene Lobby über den Tisch gehen, leicht blümerant wird.
Es gab dann aber auch endgültige Abschiede. Von verehrten und geliebten Menschen im familiären Bereichen, Einflussgrößen der Kindheit und Jugend, es gab merkliche Einschränkungen der eigenen körperlichen Leistungsfähigkeit und endlich hört das Gepfotel in unpassenden Situationen oder mit unpassenden Menschen auf und damit die ungewollte körperliche Nähe zu viel zu vielen nicht freiwillig gewählten Sozialkontakten.
Der Blödelkommunarde mit der Augenlidschwäche ist den Weg alles Irdischen genauso gegangen wie der für tiefsinnigen Frohsinn verantwortliche Herbert Feuerstein oder der argentinische Fußballgott.
Der einzig wahre James Bond ist tot, der orange Honck mit der blonden Fönfrisur ist nicht mehr lange im Weißen Haus. Dinge verändern sich, das ist der Lauf der Welt. Da ich kein Freund von alternativen Fakten bin, manche nennen das oldschool, habe ich aber auch nichts gegen Veränderungen. Durch das vorübergehende begrenzen des persönlichen Radiuses, fokussiert sich der Blick auf die kleinen Dinge. Plötzlich gibt's an jeder Ecke ein Kleinod, an dem man sich laben kann. Und wenn es nur die Ecke des eigenen Balkons ist. Wirklich außergewöhnlich schöne und tolle Dinge kann ich für das nun ablaufende Jahr nicht berichten. Es kann ja auch nicht immer alles super geil sein. In Anbetracht der Umstände, ist es schon schön, wenn meine Kern-Familie gesund ist und ich nicht allabendlich einem emotionalen Fiasko oder einem finanziellen Desaster gegenüber treten muss.
Läuft, trotz alledem, in Schulnoten 3+, mit ordentlich Luft in beide Richtungen!






Das hast Du sehr gut auf den Punkt gebracht.